Mit dem Präventionsprogramm «Mein Körper gehört mir!» engagiert sich Kinderschutz Schweiz, um Kinder und Jugendliche verschiedener Altersgruppen gegen sexualisierte Gewalt zu schützen.
Kinder sollen in einem geschützten Umfeld aufwachsen und sich frei entfalten können. Das ist nicht immer der Fall. Auch in unserer Gesellschaft erleben Minderjährige sexualisierte Gewalt. Sie trifft Kinder und Jugendliche jeder Altersstufe. «Deswegen ist es notwendig, Kinder und Jugendliche systematisch zu stärken», sagt Santino Monteleone von Kinderschutz Schweiz. «Es braucht Präventionsangebote für alle Altersstufen.» Mit dem Programm «Mein Körper gehört mir!» engagiert sich die gemeinnützige Stiftung in der Prävention.
Kinder, Jugendliche und Erwachsene
Kinder und Jugendliche sind die Zielgruppe der Präventionsangebote. Aber nicht nur. «Auch die Erwachsenen müssen zwingend einbezogen werden», sagt Santino Monteleone. Deswegen enthalten die Angebote im Programm «Mein Körper gehört mir!» Informationsanlässe für Eltern und Erziehungsberechtigte sowie pädagogische Fachkräfte. Das Programm besteht aus drei nach Alter abgestuften Angeboten. Am längsten besteht das Angebot für die Sieben- bis Neunjährigen. Es bietet einen interaktiven Parcours. An sechs Posten lernen die Kindern mit ausgebildeten Moderator:innen, ihre Kommunikation zu stärken und die Teile ihre Körpers zu benennen. «Sie erfahren, dass sie ihren Gefühlen vertrauen und dass sie sich wehren können», sagt er. Sie lernen, Nein zu sagen und ein Nein zu akzeptieren. Gleichzeitig vermittelt ihnen der Parcours auch, dass sie in schwierigen Situationen Hilfe holen können. Auch wenn die Kinder gestärkt werden, bleiben die Erwachsenen in der Verantwortung. Deswegen umfasst das Präventionsangebot Informationsveranstaltungen für sie. Der Ursprung des Programms stammt aus Deutschland. Es wurde für die Schweiz angepasst und ist seit 2006 im Angebot. Mehrmals wurde es seither evaluiert.
Die schönen und die schwierigen Seiten
Neu umfasst «Mein Körper gehört mir!» ein Angebot für die Altersstufe vier bis sechs Jahre. Während das erste Angebot sich an die Primarschule richtete, adressiert dieses Kindergärten und Kitas. Es enthält Lernmaterialien und Weiterbildung für pädagogische Fachpersonen. Auch die Eltern und Erziehungsberechtigten werden einbezogen. An einem Informationsabend erhalten Sie Unterstützung in der Frage, wie adäquate elterliche Sexualerziehung und Aufklärung funktionieren kann. Für die Kinder orientiert sich das Angebot am Konzept der Selbstwirksamkeit. Es fördert ihre sozial-emotionalen Kompetenzen, die kommunikativen Fähigkeiten und die sprachliche Ausdrucksfähigkeit. Für die Jugendlichen im Alter von 14 bis 16 Jahre hat Kinderschutz Schweiz die Ausstellung «Love Limits» erarbeitet. Dieses dritte Angebot im Programm «Mein Körper gehört mir!» ist ebenfalls neu. «Was soll Rodrigo tun, wenn Lisa droht, sich umzubringen, weil er Schluss machen will?» Mit solchen Fragen setzt sich die interaktive Ausstellung auseinander. Ausgebildete Moderator:innen diskutieren mit den Jugendlichen an sechs Posten unterschiedliche Themen. Nicht nur die schwierigen Seiten, sondern auch das Schöne an Liebe und Sexualität wird thematisiert: Schmetterlinge im Bauch, Gewalt und Grenzen setzen oder Hilfe holen. Santino Monteleone sagt: «Die Ausstellung trägt zur Sensibilisierung und Prävention von sexueller Gewalt unter Jugendlichen bei.» Auch dieses Angebot umfasst eine Informationsveranstaltung für die Erwachsenen. Sie erfahren die Inhalte von «Love Limits» und wie sie selbst die Jugendlichen beim Erwachsenwerden unterstützen können.
Doppelte Wirkung
Das Präventionsprogramm «Mein Körper gehört mir!» umfasst sieben Botschaften rund um die körperliche Integrität und sexuelle Selbstbestimmung. Sie orientieren sich an der UNO-Kinderrechtskonvention. «Ganz wichtig ist auf allen Altersstufen die Botschaft, dass die Minderjährigen nie schuld sind, wenn sie Opfer sexueller Gewalt werden», sagt Santino Monteleone. Und schliesslich tragen die Präventionsmassnahmen dazu bei, dass die Kinder und Jugendlichen nicht selbst zu Täter:innen werden. Denn das Erleben von Gewalt und Aggression kann ein Risiko sein, selbst zum Täter oder zur Täterin zu werden. Damit wirkt das Präventionsprogramm doppelt und trägt dazu bei, diese Spirale zu durchbrechen.
Kinderschutz Schweiz
Als gemeinnützige Fachorganisation engagiert sich Kinderschutz Schweiz dafür, dass alle Kinder in der Schweiz im Sinne der UNO-Kinderrechtskonvention in Schutz und Würde aufwachsen können. Die Stiftung will insbesondere Kinder vor Gefährdung, Vernachlässigung, Ausbeutung und vor jeglicher Form von Gewalt schützen. Sie verfolgt das Ziel, die seelische, psychische, körperliche und sexuelle Integrität und die Würde der Kinder zu wahren, ihre Rechte durchzusetzen, ihre individuelle Entfaltung und ihre soziale Integration zu fördern. Die Stiftung orientiert sich bei ihrer Tätigkeit an anerkannten rechtlichen und wissenschaftlichen Grundlagen.