Ausbildung ist der Schlüssel. Bhandup Mumbai, India: Buy Food with Plastic, zVg

Im Westen von Indi­en baut Buy Food with Pla­stic der­zeit eine Upcy­cling-Manu­fak­tur auf. Aus gesam­mel­ten Pla­stik­fla­schen sol­len wie­der nütz­li­che Din­ge ent­ste­hen. Und die Bevöl­ke­rung erhält für die zusam­men­ge­tra­ge­nen Fla­schen eine war­me Mahl­zeit: Ein Pro­jekt mit vie­len Gewinner:innen.

Die Lebens­be­din­gun­gen in den Slums von Bhan­dup im Westen Mum­bais sind pre­kär. Die Men­schen lei­den unter Ernäh­rungs­un­si­cher­heit und extre­mer Umwelt­ver­schmut­zung. Das Ein­kom­mens­ni­veau ist sehr nied­rig. Die Wohn­in­fra­struk­tur ist unzu­rei­chend und die Abfall­ent­sor­gung funk­tio­niert kaum. Pla­stik­müll türmt sich auf. Die Fol­gen sind viel­fäl­tig. «Ohne fach­ge­rech­te Müll­ent­sor­gung dro­hen die Abwas­ser­sy­ste­me zu ver­stop­fen», nennt Anna Gra­cia Herbst eine Aus­wir­kung. Die Mit­be­grün­de­rin des Ver­eins Buy Food with Pla­stic fügt an: «Das wie­der­um kann zu star­ken Über­schwem­mun­gen führen.»

Pla­stik­fla­schen als Währung 

Gemein­sam mit Kha­lil Radi und drei wei­te­ren Mit­grün­de­rin­nen hat Anna Gra­cia Herbst im Okto­ber 2018 den gemein­nüt­zi­gen Ver­ein Buy Food with Pla­stic gegrün­det. Der Ver­ein setzt sich in Gha­na, Nica­ra­gua und Indi­en gegen die glo­ba­len Her­aus­for­de­run­gen der Armut und Umwelt­ver­schmut­zung ein. Dabei setzt er auf loka­le Mass­nah­men. Mit sei­nem Ansatz löst der Ver­ein gleich zwei Her­aus­for­de­run­gen – bezie­hungs­wei­se zeigt, wie aus einem Pro­blem eine Chan­ce wird. Bei regel­mäs­si­gen Com­mu­ni­ty-Ver­an­stal­tun­gen kann die loka­le Bevöl­ke­rung Pla­stik gegen Essen ein­tau­schen. «Für 20 Pla­stik­fla­schen erhal­ten die Men­schen eine war­me Mahl­zeit», sagt Anna Gra­cia Herbst. «Bei die­sen Ver­an­stal­tun­gen sen­si­bi­li­sie­ren wir die Men­schen auch für den Umgang mit Pla­stik­müll. Doch schon nur durch die Erfah­rung, dass sie Pla­stik­fla­schen als ‹Wäh­rung› ver­wen­den kön­nen, ler­nen sie Kunst­stoff als Res­sour­cen zu betrachten.» 

Woman Power, Bhan­dup Mum­bai, India. Bild: Buy Food with Pla­stic. zVg.

Arbeits­plät­ze dank Upcycling

Buy Food with Pla­stic strebt es an, einen sozia­len, öko­lo­gi­schen und öko­no­mi­schen Kreis­lauf zu schlies­sen: Der gesam­mel­te Pla­stik-Roh­stoff wird nicht ein­fach ent­sorgt. Der Roh­stoff wird wie­der­ver­wer­tet. In Indi­en gibt es bereits eine Recy­cling­in­du­strie. Aber die Bewohner:innen der Slums haben unzu­rei­chen­den Zugang dazu. In Anleh­nung an die Upcy­cling-Manu­fak­tu­ren in Gha­na und Nica­ra­gua betreibt Buy Food with Pla­stic Indi­en seit letz­tem Jahr eben­falls eine Anla­ge zur Auf­be­rei­tung von HDPE- und PP-Mate­ri­al, das Pla­stik­fla­schen­deckel, Sham­poo­fla­schen und Tup­per­ware umfasst. Das PET wird zu ört­li­chen Recy­cling­part­nern trans­por­tiert, die es für die Her­stel­lung neu­er Pla­stik­fla­schen nut­zen. Die Anschaf­fung einer der­ar­ti­gen Maschi­ne beläuft sich auf etwa eine bis drei Mil­lio­nen Fran­ken, für die Buy Food with Pla­stic der­zeit nicht über aus­rei­chen­de finan­zi­el­le Mit­tel verfügt.

Buy Food with Pla­stic India. Bild zVg

Das rich­ti­ge Produkt

Mit der Upcy­cling-Manu­fak­tur will Buy Food with Pla­stic bis Ende 2025 45 neue Arbeits­plät­ze zu fai­ren Bedin­gun­gen für die Men­schen in den Slums zu schaf­fen. Sie sol­len aus dem gesam­mel­ten Pla­stik (HDPE & PP) wie­der nütz­li­che Pro­duk­te her­stel­len. Mit dem Upcy­cling-Pro­gramm will der Ver­ein Pro­duk­te für Unter­neh­men her­stel­len (B2B), um durch Unter­neh­mer­tum Hil­fe zur Selbst­hil­fe zu lei­sten Um her­aus­zu­fin­den, was funk­tio­niert, testen sie aktu­ell ver­schie­de­ne Pro­duk­te aus. «Der­zeit kön­nen wir mit unse­ren Maschi­nen alle Pro­duk­te bis zu einem Gewicht von 123 Gramm her­stel­len», sagt Anna Gra­cia Herbst. Dazu gehö­ren bspw. Han­dy­hül­len, Bril­len­ge­stel­le, Haar­käm­me, Ein­kaufs­wa­gen­chips, Blu­men­töp­fe, Schuh­löf­fel – oder Surf­käm­me. «Der Surf­kamm war übri­gens das erste Pro­dukt, das wir in  Nica­ra­gua rea­li­siert haben», sagt sie. Das lang­fri­sti­ge Ziel ist es mit dem Ver­kauf der Pro­duk­te in allen drei Ziel­län­dern selbst­tra­gend zu wer­den. Bis die­ses Ziel erreicht ist und die Kreis­lauf­wirt­schaft vor Ort in Gang gebracht wor­den ist, ist der Ver­ein auf Spen­den ange­wie­sen. Bis Ende 2025 möch­te Buy Food with Pla­stic in Indi­en ins­ge­samt 297’300 Mahl­zei­ten ver­tei­len, 2,7 Mil­lio­nen Pla­stik­fla­schen recy­celn und in den Slums von Mum­bai ein Restau­rant eröff­nen, in dem die Men­schen täg­lich mit Pla­stik­fla­schen bezah­len können.

Buy Food with Plastic

Der gemein­nüt­zi­ge Ver­ein Buy Food with Pla­stic initi­iert Ver­an­stal­tun­gen, um Men­schen zusam­men­zu­brin­gen und sich gemein­sam gegen Umwelt­ver­schmut­zung, Hun­ger, Armut und für Bil­dung in Ent­wick­lungs­län­dern ein­zu­set­zen. Dabei stärkt er die loka­le Bevöl­ke­rung in ihrer wirt­schaft­li­chen und sozia­len Eigen­stän­dig­keit. Buy Food with Pla­stic trägt ins­be­son­de­re zur Errei­chung der Sus­tainable Deve­lo­p­ment Goals (SDGs) 1 (kei­ne Armut) und 2 (kein Hun­ger) bei. Das Team in der Schweiz koor­di­niert die glo­ba­len Fund­rai­sin­g­ak­ti­vi­tä­ten und orga­ni­siert Wohl­tä­tig­keits­ver­an­stal­tun­gen. Der Ver­ein rea­li­siert Pro­jek­te in Nica­ra­gua, Gha­na und Indien.

Das Spen­den­ma­ga­zin von StiftungSchweiz rich­tet sich an Spen­de­rin­nen und Spen­der. Es infor­miert über aktu­el­le Pro­jek­te, Trends im Spen­den­markt und gibt Tipps, die das digi­ta­le Spen­den ein­fa­cher machen. Jede zwei­te Woche erscheint ergän­zend der «Do Good» Spen­den-News­let­ter.