In einer der ärmsten Regionen im Westen Nepals unterstützt World Vision Schweiz und Liechtenstein Bergbauernfamilien. Dank der Projekte können sie ihre Ernte verbessern und das Einkommen erhöhen. Das stärkt die Ernährungssicherheit und gibt den Kindern eine Perspektive auf eine selbstbestimmte Zukunft.
Jumla gehört zu den ärmsten Regionen Nepals. Der Alphabetisierungsgrad liegt bei nur 55 Prozent, die Lebenserwartung bei unter 50 Jahren. Die meisten Familien leben als Selbstversorger in abgelegenen Bergdörfern auf über 3000 Meter Höhe. Die Winter sind lang und hart. Und meistens herrscht während acht Monaten Trockenheit. Dies stellt eine zusätzliche Herausforderung dar, denn 93 Prozent der Bewohner:innen von Jumla leben von der Landwirtschaft.
Schnee und Wasser
Seit 2016 engagiert sich die Stiftung World Vision Schweiz und Liechtenstein in der Region, um die Situation von Kindern und Familien zu verbessern. «Aufgrund der schwierigen Bedingungen leben die meisten Menschen von der Subsistenz-Landwirtschaft und erzielen nur ein mageres Einkommen», sagt Thomas Kalytta, International Programmes Manager bei World Vision Schweiz und Liechtenstein, «oft wird sogar das Essen knapp.» Darunter leiden gerade die Kinder. Fast jedes zweite Kleinkind ist unterernährt. Um die Situation zu verbessern, engagiert sich das Hilfswerk vor Ort. «Mit unseren Projekten wollen wir den Familien in Zusammenarbeit mit den lokalen Behörden eine stabilere Lebensgrundlage ermöglichen», sagt Thomas Kalytta. Um dies zu erreichen, setzt World Vision Schweiz und Liechtenstein auf eine marktorientierte, ökologische Landwirtschaft. Dabei sind vor allem die Frauen angesprochen. Sie tragen die Hauptlast der Feldarbeit – auch weil viele Männer beispielsweise in Indien, als Wanderarbeiter Verdienstmöglichkeiten suchen. «Wir initiieren Kooperativen und vermitteln moderne Methoden, die ihnen helfen, höhere Erträge in besserer Qualität zu erreichen», erklärt Thomas Kalytta. «Die Bäuerinnen lernen, wie sie mit einfachen Mitteln und Bewässerungssystemen den Ertrag steigern.» Mit dem Projekt in 12 Dörfern in den Regionen Malikathanta und Ghodemahadev trägt das Hilfswerk dazu bei, dass die Dorfgemeinschaften ihre Lebensgrundlage wesentlich verbessern können. 2016 startete World Vision Nepal das Dorfprojekt mit Geldern aus der Schweiz. «Alles begann mit einem Schneeteich», erinnert sich der Programmleiter. «Dieser fängt im Winter den Schnee auf. In der Trockenzeit bewässern die Bäuerinnen damit ihre Pflanzen, insbesondere die Apfelbäume.» Dank solcher Massnahmen konnten sie 10 Mal so viele Äpfel ernten wie zuvor.
Auch das Vermarkten will gelernt sein
Um die Situation der Familien in Jumla nachhaltig zu verbessern, geht das Engagement von World Vision über das landwirtschaftliche Handwerk hinaus. Denn die Einnahmen hängen nicht allein vom Ernteertrag ab, wie die Bäuerinnen erkannt haben. So hat das Hilfswerk mit dem Projekt Jumla-Sinja die Bäuerinnen auch in Marketing geschult. Dank gebündelter Kräfte in neu gegründeten Produktionsgruppen konnten sie eine bessere Qualität ihrer Produkte, in dem Fall Kartoffeln, erreichen. «Zudem haben sie gelernt, ihre Verhandlungsposition mit der richtigen Vermarktung zu stärken», weiss Thomas Kalytta. «Zuvor waren sie sich nicht bewusst, dass sie ihre Ware vor dem Verkauf sortieren und in Güteklassen einteilen müssen. Auch hatten sie keinen Kontakt zu den Händler:innen.» Heute initiieren die Produktionsgruppen Treffen mit den potenziellen Händler:innen und unterzeichnen gemeinsame Absichtserklärungen für den Verkauf. All diese Verbesserungen in Produktion und Vermarktung haben dazu geführt, dass die Bauernfamilien nun doppelt so viel verdienen wie früher.
Viele Wege führen zum Ziel?
Es ist der Mix aus verschiedenen Ansätzen, die das Leben der Menschen in Jumla verändern. Neu gegründete Spargruppen helfen in finanziellen Notlagen und ermöglichen Investitionen. Ein Mikrostromprojekt verschafft 273 Familien zu Hause Zugang zu Elektrizität. Dank Kunstlicht können die Kinder nun auch abends lernen. «Das verbessert ihre schulischen Leistungen und erhöht ihre Aussichten auf ein selbstbestimmtes Leben», sagt Kalytta. All die Aktivitäten von World Vision Schweiz und Liechtenstein haben im vergangenen Jahr konkrete Erfolge für die Menschen in Jumla erzielt. «69 Kinder lernten, sich gegen schädliche Verhaltensweisen und Praktiken wie Kinderheirat auszusprechen», berichtet Kalytta. Diese Kenntnisse tragen wesentlich dazu bei, Gewalt gegen Kinder zu verhindern – in der Provinz werden 83 Prozent der Mädchen als Kinder verheiratet. Und Kalytta fügt an: «Zudem können 448 Kleinkinder gesünder heranwachsen, weil ihre Mütter gelernt haben, wie wichtig altersgerechte Mahlzeiten sind.»
Halbzeit erreicht – wie geht es weiter?
Insgesamt profitieren von den Projekten rund 7000 Menschen in Jumla. Das Engagement ist ungefähr bei der Hälfte der geplanten Dauer angelangt. Gestartet hat World Vision 2016 mit einer Analyse der Situation vor Ort und konkreten Planungen. Das Projektende ist für das Jahr 2032 vorgesehen. Anschliessend werden die Projekte an die lokale Bevölkerung übergeben. Um diese bis dahin weiterhin zu realisieren, sind World Vision Schweiz und Liechtenstein auf Unterstützung angewiesen.
World Vision Schweiz und Liechtenstein
Langfristige Entwicklungszusammenarbeit, Not- und Katastrophenhilfe in Krisenregionen und ein aktiver Einsatz für Kinderrechte in aller Welt: Das sind die Aufgaben, denen sich World Vision Schweiz und Liechtenstein seit über 40 Jahren widmen. Als eigenständige Stiftung und Teil des weltweit tätigen Kinderhilfswerks World Vision setzt sich die Organisation mit ihrer Projektarbeit für jene Menschen ein, die Hilfe am dringendsten benötigen. Sie finanziert sich mit Spendengeldern aus der Schweiz