Menschenhandel – ein Problem weltweit. Die Geschichte der jungen Schwestern Bita und Maiku zeigt ein asiatisches Beispiel: Sie wurden von einem Menschenhändler in Indien verschleppt. Der Verein Solidarity with Victims of Abuse (SOLVA) setzt sich in Indien, Nepal, Sri Lanka und auch in der Schweiz gegen Menschenhandel und Missbrauch jeder Art ein und rettet Betroffene.
Seit der Coronapandemie ist die Zahl der Opfer von Menschenhandel global stark angestiegen. Laut dem letzten UN-Bericht sind rund 50 Millionen Menschen weltweit betroffen. «Indien verzeichnet die höchste Anzahl, über 19 Millionen», erklärt Inés W., Geschäftsleiterin des Vereins SOLVA und weiter, «Menschenhandel ist meist gekoppelt mit Arbeits- oder sexueller Ausbeutung. Aber auch illegaler Organhandel, das Erstellen von pornografischem Material, <Babyfabriken> sind weitere Beispiele.» Nicht nur asiatische Staaten sind von Menschenhandel betroffen. Das Problem besteht weltweit und es existiert auch in der Schweiz.
Unwissenheit und Hilflosigkeit ausnutzen
Gerade in Indien ist der Menschenhandel ein grosses Thema. «Es gibt viele Gründe, warum das so ist», erklärt Inés W. «Klar ist aber, dass die extreme Armut, der teils tiefe Bildungsstandard und das Kastensystem zu den Hauptauslösern gehören.» Laut der Geschäftsleiterin werde ein grosser Teil der Betroffenen innerhalb Indiens und vor allem in den Golfstaaten ausgebeutet. Auch die beiden Schwestern Bita, 13-jährig, und Maiku, 14-jährig, fielen dem Menschenhandel innerhalb des Landes zum Opfer. «Sie freundeten sich mit einem vermeintlich netten und charmanten jungen Mann an, der in Wirklichkeit aber ein Menschenhändler war», sagt Inés W. Der junge Mann lockte die Mädchen aus ihrer Heimat in eine andere Stadt. «Er sagte den Schwestern, er hätte einen gut bezahlten Job für sie. Weil die Familie der Mädchen zu den ärmeren Schichten Indiens gehört, war ein Job sehr verlockend für sie und die Schwestern gingen schliesslich mit.» Ein fataler Fehler. Angekommen in der neuen Stadt wurde den jungen Mädchen Beruhigungsmittel verabreicht und sie wurden zur Prostitution gezwungen. Als die Eltern das Verschwinden ihrer beiden Töchter bemerkten, suchten sie sofort Hilfe. «Zusammen mit den Projektpartnern vor Ort konnte SOLVA bei der Befreiungsaktion mithelfen und die jungen Mädchen in Sicherheit bringen», erklärt Inés W.
Aufklären und Eingreifen
In Indien, Nepal und Sri Lanka setzt sich der Verein in der Prävention ein, hilft bei Befreiungsaktionen mit und setzt sich in der Rehabilitation bzw. Reintegration von Betroffenen ein. Dabei arbeitet SOLVA eng mit juristischen Fachpersonen, den Behörden oder mit NGOs zusammen. Die Aktivitäten des Vereins sind vielfältig. «Wir führen beispielsweise Sensibilisierungsvorträge an Schulen und in den Dörfern durch, akquirieren Freiwillige für Einsätze, betreiben insgesamt vier Kinderhorte und bieten Alphabetisierungskurse für Erwachsene», sagt Inés W. Bei den Befreiungsaktionen arbeitet SOLVA eng mit der Polizei und mit Vertreter:innen der lokalen Behörden zusammen. «Opfer von Menschenhandel sind nach ihrer Befreiung psychisch meist sehr instabil», erklärt Inés W. «Viele von ihnen haben Schreckliches erlebt.» SOLVA führt in Indien ein Rehabilitationszentrum für Mädchen, die vom Menschenhandel befreit wurden. Inés W. erklärt: «Die befreiten Mädchen stammen vorwiegend aus ärmeren Schichten und sind zwischen acht und 15 Jahren alt.»
Frauen und Mädchen sind besonders gefährdet
«Man sagt, Indien sei das gefährlichste Land für Frauen», sagt Inés W. Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten EDA schreibt: «Im ganzen Land werden sehr viele Vergewaltigungen und andere Sexualdelikte verübt. (…) Sexuelle Belästigungen kommen sehr häufig vor, besonders in öffentlichen Verkehrsmittel und grossen Menschenmengen.» Viele Frauen und Mädchen haben Angst, sich alleine im öffentlichen Raum aufzuhalten, geschweige denn, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Im Verhältnis zu Männern sind Frauen stärker von Diskriminierung und Armut betroffen. «Für den Menschenhandel sind sie leichte Beute», betont Inés W. «Mit unserer Arbeit kämpfen wir gegen diese Ungerechtigkeit an. Jede Spende hilft.»
SOLVA
Der gemeinnützige Verein wurde Ende 2019 gegründet, konnte aber, bedingt durch die Coronapandemie, erst Mitte 2022 richtig starten. Er setzt sich in Indien, Nepal, Sri Lanka und in der Schweiz gegen Menschenhandel und Missbrauch jeder Art ein. Dabei arbeitet SOLVA mit lokalen Partnerorganisationen und mit Fachpersonen zusammen. Der Verein konzentriert sich mit seinen Aktivitäten auf die Schwerpunkte: Prävention, Befreiungsaktionen, Rehabilitation bzw. Integration, juristische Unterstützung und Stärkung sowie Ausbau des Partner:innen-Netzwerks. In der Schweiz bietet SOLVA ein Haus für Frauen in Not und unterstützt sie auf der Suche nach Arbeit. SOLVA ist im Aufbau ihrer Tätigkeit und strebt an, Schritt für Schritt in den vier erwähnten Ländern die Arbeit zu expandieren. Gleichzeitig plant der Verein, in Ländern, wo mit professionellen Partner:innen vor Ort zusammengearbeitet werden kann, das Engagement auszuweiten. Das Ziel ist, so viele Gefährdete wie möglich zu beschützen, so viele wie möglich zu befreien und ihnen eine hoffnungsvolle Zukunft zu ermöglichen.