Hören wir immer zu, wenn wir glauben zuzuhören? Welche Klänge begleiten unseren Alltag? Und wie verändert sich unsere Welt, wenn wir bewusst hinhören? Der Verein Zuhören Schweiz stärkt die Schlüsselkompetenz des Zuhörens mit künstlerisch-kreativen Mitteln. Dies gelingt mithilfe verschiedener Projekte.
Das Gehör bzw. das bewusste Zuhören wird häufig unterschätzt. Die Welt ist geprägt von Digitalität und visuellen Reizen. Dem Hörsinn kommt dabei wenig Beachtung zugute, obwohl er doch eine solch wichtige Rolle im gesellschaftlichen Zusammenleben, in der Kommunikation und in der Kultur einnimmt. Der Verein Zuhören Schweiz setzt sich deshalb mit diversen Projekten für die Förderung des bewussten Hörens ein. «Wir sind überzeugt, dass es das aufmerksame Zuhören braucht, um die Herausforderungen der Gegenwart erfolgreich meistern zu können», sagt Jacqueline Beck von Zuhören Schweiz.
Den Tag mit einer Minute Zuhören beginnen
Ein aktuelles Projekt des Vereins Zuhören Schweiz ist die «Hörminute». Schulklassen, altersdurchmischte Gruppen und professionelle Musiker:innen nehmen Geräusche und Klänge aus ihrem Alltag auf. Die gemeinsam kreierten Klangerlebnisse werden auf einer digitalen Plattform veröffentlicht und der breiten Bevölkerung zur Verfügung gestellt, sodass jede:r mit einer «Hörminute» in den Tag starten kann. «In nur einer Minute konzentrierten Zuhörens bewegen sich die Hörer:innen in eine komplett andere Welt», erklärt Jacqueline Beck. Was hören wir? Was stellen wir uns dabei vor? Solche Fragen begleiten die Hörerschaft – und regen das kreative Denken an.
Zeit zum Hören für zwei Generationen
Mit «HörZeit» – einem anderen aktuellen Projekt von Zuhören Schweiz – möchte der Verein insbesondere die unterschiedlichen Generationen abholen; von Schüler:innen bis hin zu Senior:innen. «Wir entwickeln eine digitale Lernplattform und stellen dort umfangreiche Materialien und Informationen für Lehrpersonen zur Verfügung. Dazu bieten wir auch Weiterbildungen an», erläutert Jacqueline Beck. Neu stellt Zuhören Schweiz die Angebote innerhalb des Projekts «HörZeit» breiter auf: Es soll auch für ältere Menschen und generationenübergreifende Gruppen etwas dabei haben. Jacqueline Beck sagt: «So entsteht eine ganze Palette von unterschiedlichsten Ideen und Impulsen, die Menschen jeden Alters inspirieren und anleiten, gemeinsam in Gruppen zu hören, Geschichten zu erzählen und den Hörsinn als Instrument zu nutzen.»
Mit den Ohren auf Reise gehen
Jedes Land, jede Stadt tönt anders. Hört man in Neu-Delhi das dauernde Hupen der Rikschas, sind es in den Schweizer Alpen eher die Kuhglocken. «Mit dem Projekt ‹Ohren auf Reisen› gehen wir der Frage nach, was es eigentlich ausmacht, dass wir uns an einem Ort zuhause fühlen – und welche Rolle das, was wir hören, dabei spielt», erzählt Jacqueline Beck. Menschen unterschiedlicher Herkunft gestalten gemeinsam Hörproduktionen mit Hörkunst- und Radioschaffenden. Dabei fokussieren sie auf die typischen Hörumgebungen und besonderen Klangerlebnisse aus ihren früheren und aktuellen Wohnorten. Am Schluss präsentieren die Projektteilnehmenden ihre Produktionen in einer Wanderausstellung. Begleitet werden die Stationen von Veranstaltungen und Radiosendungen, die ein breites Publikum ansprechen. «Mit dem Projekt stärken wir die kulturelle Teilhabe von Menschen mit Migrationsgeschichte», erklärt Jacqueline Beck, und weiter: «Wir wollen den Austausch zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen fördern und zeigen, wie wertvoll es ist, sich mit offenen Ohren zu begegnen.»
Arbeitsintegration mal anders
Zuhören Schweiz hat zudem ein Projekt entwickelt, das junge Menschen beim Übergang ins Berufsleben Kreativität und Selbstwirksamkeit erfahren lässt. «Ears at Work» ist ein künstlerisches Projekt für Jugendliche und junge Erwachsene, deren berufliche Integration sich als erschwert zeigt. Die jungen Menschen erkunden die akustische Umgebung von Unternehmen in ihrer Region. «Die Geräusche aus der Arbeitswelt nehmen sie als Audio auf und komponieren daraus mit Profimusiker:innen eigene Beats und Musiktracks», sagt Jacqueline Beck. Durch das Projekt möchte Zuhören Schweiz den Jugendlichen und jungen Erwachsenen einen vereinfachten Zugang zur Arbeitswelt ermöglichen.
Bild: t13 Photographie I Tabea Hüberli
Zuhören Schweiz
2012 wurde der Verein Zuhören Schweiz in Basel gegründet. Er ist schweizweit aktiv. Mit Bildungsangeboten, musisch-kreativen und innovativen Projekten fördert der Verein das Zuhören als wichtigen Pfeiler des gesellschaftlichen Zusammenlebens und der persönlichen Entfaltung. Achtsamkeit, kulturelle und soziale Teilhabe und die Stärkung von Lebensqualität und Zukunftskompetenzen stehen im Zentrum seiner Aktivitäten. Für die Umsetzung seiner Projekte ist der gemeinnützige Verein auf Spenden angewiesen.