Angebote zur kulturellen Teilhabe für Kinder von 0 bis 4 Jahren sind in der Schweiz sehr rar. Die Stiftung Lapurla setzt sich für die Förderung der sinnlichen Erfahrung von Kleinkindern ein, speziell auch an kulturell bedeutsamen Orten. Damit soll die Wahrnehmungsfähigkeit und Ausdruckskompetenz der Kinder gestärkt werden, damit sie zu kreativen und mutigen Persönlichkeiten heranwachsen können.
Kleinkinder haben einen sehr hohen kreativen Naturtrieb, sie erkunden und erfahren ihre Umwelt mit allen Sinnen. Ausgestattet mit einem unbändigen Forschungsdrang und einer vielfältigen Experimentierlust machen sie schon ganz früh elementarste Bildungserfahrungen. «Bildung beginnt ab Geburt, 90 Prozent der Hirnsynapsen werden in den ersten fünf Lebensjahren gebildet. Diese sind prägend für das Leben und bestimmen nachhaltig den Umgang mit sich und der Welt», erklärt Karin Kraus, Fondatrice und Geschäftsleiterin der Stiftung Lapurla, sowie Studienleiterin und Dozentin des CAS Kulturelle Bildung an der Hochschule der Künste Bern HKB. Sie führt weiter aus: «Das kleinkindliche Spiel folgt kreativen Lernstrategien, Kinder erforschen Dinge so lange, bis sie nicht mehr spannend sind.» Ob ein Kleinkind diesen kreativen Drang aber auch ausleben kann, hängt stark vom Umfeld ab. Denn nur wenn die Rahmenbedingungen für ästhetische Erfahrungen und Teilhabe am kulturellen Geschehen gegeben sind, kann sich ein Kind entsprechend entfalten.
Schwieriges Umfeld für die Finanzierung
In der Schweiz beginnt Bildung offiziell erst im Kindergarten, davor ist sie Privatsache. Karin Kraus erklärt: «Das Kinder- und Jugendförderungsgesetz diskriminiert Kinder unter vier Jahren, erst ab dem Kindergarten wird die Wichtigkeit der persönlichen und kreativen Entwicklung anerkannt, Leistungsaufträge sind selbstverständlich und Förderungen werden gesprochen. Doch was ist mit den 0 bis 4‑Jährigen? Wenn wir Chancengerechtigkeit ernsthaft erreichen wollen, müssen wir in der frühen Kindheit ansetzen.» In der Schweiz gibt es zudem kaum Förderstiftungen, die diese Altersgruppe unterstützen, was die Finanzierung der Arbeit von Lapurla äusserst schwierig macht. Karin Kraus würde sich daher eine Person wünschen, welche für die Anliegen der Stiftung zu begeistern ist: «Lapurla ist sehr interessiert an einer Zusammenarbeit mit einer Mäzenin oder einem Mäzen, die oder der überzeugt ist von unserer Pionierarbeit und sich stark machen will für die Zielgruppe mit dem meisten Potential und dem grössten gesellschaftlichen Impact.»
Vielfältiges Engagement
Neben dem politischen Engagement und der Bereitstellung der fachlichen Grundlagen engagiert sich Lapurla mit ihren Netzwerkpartner:innen schweizweit für ihr Anliegen. Zur Stärkung der regionalen Vernetzung wurden Anfang 2023 Regionalgruppen gegründet, mit dem Ziel, Menschen aus Kunst und Kultur, Vermittlung und Bildung, Betreuung, Sozialer Arbeit und Gesundheit transdisziplinär zusammenzubringen. Durch den regelmässigen Austausch wird die Expertise der Einzelnen gestärkt, es werden Synergien geschaffen und die Verwirklichung von Projekten erleichtert. Über die Regionalgruppen wird das Anliegen der Stiftung in die Praxis umgesetzt und die Kleinsten kommen in den Genuss von wertvollen kreativen Bildungserfahrungen.
Grosse Freude bei den Kleinsten
Wie die Umsetzung in der Praxis aussieht, zeigt das Beispiel der Regionalgruppe Basel. Lucrezia Santo und Nils Schrempp, beide in einem Kreativatelier für Kinder in Basel tätig, koordinieren die Lapurla Regionalgruppe ehrenamtlich. In ihrer täglichen Arbeit mit den Kindern setzen sie praktisch Programme zur ästhetisch-kulturellen Erfahrung um. Eines der Projekte wurde zusammen mit der Fondation Beyeler und deren Kunstvermittlerin durchgeführt. Vielen Kindern wurde mit den Besuchen im Museum auch der Zugang in eine ihnen noch unbekannte Welt ermöglicht, erklärt Lucrezia Santo: «Die Hälfte der Kinder war noch nie in einem Kunstmuseum, da die Museen nicht für diese Altersgruppe ausgelegt sind. Mit unserer Arbeit können wir mit den Kindern neue Räume erschliessen und kulturelle Orte für die Kleinsten erforsch- und erlebbar machen.» Mit Lapurla verfolgt die Regionalgruppe auch den Aufbau einer digitalen Plattform, wo Institutionen aus dem kulturellen Bereich gelistet sind, welche an gemeinsamen Projekten mit Kleinkindern interessiert sind. «Da gibt es ein grosses Potential, wir bauen Brücken und machen durch unsere Vermittlung die kulturellen Intuitionen und ihr Angebot für soziale Institutionen greifbarer», sagt Nils Schrempp, «so können wir die frühkindliche Förderung zusammen mit den kulturellen Akteuren vorwärtsbringen.»
Lapurla
Die nationale Initiative Lapurla schafft kreative Freiräume für die Jüngsten. Kinder von 0 bis 4 Jahren entdecken Kulturorte als vielfältige Sinneswelten gemeinsam mit ihren Eltern und Bezugspersonen. Inspiriert von Kunstschaffenden und Kulturvermittelnden, erforschen sie ihre Alltagsumgebung. Weil Kultur die Persönlichkeit stärkt – von Anfang an. Lapurla wurde 2017 vom Migros-Kulturprozent und der Hochschule der Künste Bern HKB initiiert. Nach einer Pilotphase 2018–21 hat Lapurla im Rahmen der ersten nationalen Tagung im Mai 2021 ein Netzwerk gegründet. Anfang 2023 wurden Regionalgruppen gegründet, in denen sich die Netzwerker:innen regional für die Anliegen von Lapurla aktiv engagieren können.