Projekt: «CHIKU» Ort: Appenzell Partner: Kunsthalle Ziegelhütte & Chinderhort Appenzell Foto: Anna Beck-Wörner Mehr Infos: https://www.lapurla.ch/projekte/chiku.html

Mehr Chan­cen­ge­rech­tig­keit durch ästhe­tisch-kul­tu­rel­le Erfah­run­gen für Kleinkinder

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Ange­bo­te zur kul­tu­rel­len Teil­ha­be für Kin­der von 0 bis 4 Jah­ren sind in der Schweiz sehr rar. Die Stif­tung Lapur­la setzt sich für die För­de­rung der sinn­li­chen Erfah­rung von Klein­kin­dern ein, spe­zi­ell auch an kul­tu­rell bedeut­sa­men Orten. Damit soll die Wahr­neh­mungs­fä­hig­keit und Aus­drucks­kom­pe­tenz der Kin­der gestärkt wer­den, damit sie zu krea­ti­ven und muti­gen Per­sön­lich­kei­ten her­an­wach­sen können.

Klein­kin­der haben einen sehr hohen krea­ti­ven Natur­trieb, sie erkun­den und erfah­ren ihre Umwelt mit allen Sin­nen. Aus­ge­stat­tet mit einem unbän­di­gen For­schungs­drang und einer viel­fäl­ti­gen Expe­ri­men­tier­lust machen sie schon ganz früh ele­men­tar­ste Bil­dungs­er­fah­run­gen. «Bil­dung beginnt ab Geburt, 90 Pro­zent der Hirn­syn­ap­sen wer­den in den ersten fünf Lebens­jah­ren gebil­det. Die­se sind prä­gend für das Leben und bestim­men nach­hal­tig den Umgang mit sich und der Welt», erklärt Karin Kraus, Fon­da­tri­ce und Geschäfts­lei­te­rin der Stif­tung Lapur­la, sowie Stu­di­en­lei­te­rin und Dozen­tin des CAS Kul­tu­rel­le Bil­dung an der Hoch­schu­le der Kün­ste Bern HKB. Sie führt wei­ter aus: «Das klein­kind­li­che Spiel folgt krea­ti­ven Lern­stra­te­gien, Kin­der erfor­schen Din­ge so lan­ge, bis sie nicht mehr span­nend sind.» Ob ein Klein­kind die­sen krea­ti­ven Drang aber auch aus­le­ben kann, hängt stark vom Umfeld ab. Denn nur wenn die Rah­men­be­din­gun­gen für ästhe­ti­sche Erfah­run­gen und Teil­ha­be am kul­tu­rel­len Gesche­hen gege­ben sind, kann sich ein Kind ent­spre­chend entfalten.

Schwie­ri­ges Umfeld für die Finanzierung

In der Schweiz beginnt Bil­dung offi­zi­ell erst im Kin­der­gar­ten, davor ist sie Pri­vat­sa­che. Karin Kraus erklärt: «Das Kin­der- und Jugend­för­de­rungs­ge­setz dis­kri­mi­niert Kin­der unter vier Jah­ren, erst ab dem Kin­der­gar­ten wird die Wich­tig­keit der per­sön­li­chen und krea­ti­ven Ent­wick­lung aner­kannt, Lei­stungs­auf­trä­ge sind selbst­ver­ständ­lich und För­de­run­gen wer­den gespro­chen. Doch was ist mit den 0 bis 4‑Jährigen? Wenn wir Chan­cen­ge­rech­tig­keit ernst­haft errei­chen wol­len, müs­sen wir in der frü­hen Kind­heit anset­zen.» In der Schweiz gibt es zudem kaum För­der­stif­tun­gen, die die­se Alters­grup­pe unter­stüt­zen, was die Finan­zie­rung der Arbeit von Lapur­la äus­serst schwie­rig macht. Karin Kraus wür­de sich daher eine Per­son wün­schen, wel­che für die Anlie­gen der Stif­tung zu begei­stern ist: «Lapur­la ist sehr inter­es­siert an einer Zusam­men­ar­beit mit einer Mäze­nin oder einem Mäzen, die oder der über­zeugt ist von unse­rer Pio­nier­ar­beit und sich stark machen will für die Ziel­grup­pe mit dem mei­sten Poten­ti­al und dem gröss­ten gesell­schaft­li­chen Impact.»

Viel­fäl­ti­ges Engagement

Neben dem poli­ti­schen Enga­ge­ment und der Bereit­stel­lung der fach­li­chen Grund­la­gen enga­giert sich Lapur­la mit ihren Netzwerkpartner:innen schweiz­weit für ihr Anlie­gen. Zur Stär­kung der regio­na­len Ver­net­zung wur­den Anfang 2023 Regio­nal­grup­pen gegrün­det, mit dem Ziel, Men­schen aus Kunst und Kul­tur, Ver­mitt­lung und Bil­dung, Betreu­ung, Sozia­ler Arbeit und Gesund­heit trans­dis­zi­pli­när zusam­men­zu­brin­gen. Durch den regel­mäs­si­gen Aus­tausch wird die Exper­ti­se der Ein­zel­nen gestärkt, es wer­den Syn­er­gien geschaf­fen und die Ver­wirk­li­chung von Pro­jek­ten erleich­tert. Über die Regio­nal­grup­pen wird das Anlie­gen der Stif­tung in die Pra­xis umge­setzt und die Klein­sten kom­men in den Genuss von wert­vol­len krea­ti­ven Bildungserfahrungen.

Gros­se Freu­de bei den Kleinsten

Wie die Umset­zung in der Pra­xis aus­sieht, zeigt das Bei­spiel der Regio­nal­grup­pe Basel. Lucre­zia San­to und Nils Schr­empp, bei­de in einem Krea­tiv­ate­lier für Kin­der in Basel tätig, koor­di­nie­ren die Lapur­la Regio­nal­grup­pe ehren­amt­lich. In ihrer täg­li­chen Arbeit mit den Kin­dern set­zen sie prak­tisch Pro­gram­me zur ästhe­tisch-kul­tu­rel­len Erfah­rung um. Eines der Pro­jek­te wur­de zusam­men mit der Fon­da­ti­on Beye­ler und deren Kunst­ver­mitt­le­rin durch­ge­führt. Vie­len Kin­dern wur­de mit den Besu­chen im Muse­um auch der Zugang in eine ihnen noch unbe­kann­te Welt ermög­licht, erklärt Lucre­zia San­to: «Die Hälf­te der Kin­der war noch nie in einem Kunst­mu­se­um, da die Muse­en nicht für die­se Alters­grup­pe aus­ge­legt sind. Mit unse­rer Arbeit kön­nen wir mit den Kin­dern neue Räu­me erschlies­sen und kul­tu­rel­le Orte für die Klein­sten erforsch- und erleb­bar machen.» Mit Lapur­la ver­folgt die Regio­nal­grup­pe auch den Auf­bau einer digi­ta­len Platt­form, wo Insti­tu­tio­nen aus dem kul­tu­rel­len Bereich geli­stet sind, wel­che an gemein­sa­men Pro­jek­ten mit Klein­kin­dern inter­es­siert sind. «Da gibt es ein gros­ses Poten­ti­al, wir bau­en Brücken und machen durch unse­re Ver­mitt­lung die kul­tu­rel­len Intui­tio­nen und ihr Ange­bot für sozia­le Insti­tu­tio­nen greif­ba­rer», sagt Nils Schr­empp, «so kön­nen wir die früh­kind­li­che För­de­rung zusam­men mit den kul­tu­rel­len Akteu­ren vorwärtsbringen.»

Lapur­la

Die natio­na­le Initia­ti­ve Lapur­la schafft krea­ti­ve Frei­räu­me für die Jüng­sten. Kin­der von 0 bis 4 Jah­ren ent­decken Kul­tur­or­te als viel­fäl­ti­ge Sin­nes­wel­ten gemein­sam mit ihren Eltern und Bezugs­per­so­nen. Inspi­riert von Kunst­schaf­fen­den und Kul­tur­ver­mit­teln­den, erfor­schen sie ihre All­tags­um­ge­bung. Weil Kul­tur die Per­sön­lich­keit stärkt – von Anfang an. Lapur­la wur­de 2017 vom Migros-Kul­tur­pro­zent und der Hoch­schu­le der Kün­ste Bern HKB initi­iert. Nach einer Pilot­pha­se 2018–21 hat Lapur­la im Rah­men der ersten natio­na­len Tagung im Mai 2021 ein Netz­werk gegrün­det. Anfang 2023 wur­den Regio­nal­grup­pen gegrün­det, in denen sich die Netzwerker:innen regio­nal für die Anlie­gen von Lapur­la aktiv enga­gie­ren können.