Rund 80 Prozent der Menschen im afrikanischen Binnenstaat Malawi sind in der Landwirtschaft tätig. Armut und Hunger gehören heute zum Alltag vieler Kleinbauernfamilien. Die Gründe dafür sind vielseitig. Mit einem Projekt möchte Biovision, Stiftung für ökologische Entwicklung, Gegensteuer geben – und zwar nachhaltig.
«In Malawi leiden viele Kinder an einer Mangelernährung, die wiederum zu Wachstumsverzögerungen führt und die Entwicklung der Kinder grundlegend schwächt», erklärt Sharon Nehrenheim von Biovision, die für die Projektpartnerschaften verantwortlich ist. In Malawi widmen sich fast alle Arbeiter:innen der Landwirtschaft. Mangelernährung und viele Fälle von Kindstod sind vor allem auf Armut, einseitige Ernährung und Geschlechterungleichheit zurückzuführen. Mit dem Projekt «Starke Gemeinschaften und ökologischer Landbau in Malawi» möchte Biovision etwas dagegen tun. Die Stiftung unterstützt ein Ausbildungs- und Forschungszentrum für agrarökologische Landwirtschaft in Malawi von Soils, Food and Healthy Communities (SFHC).
Kinder leiden an Mangelernährung
Die Armut der Kleinbauernfamilien in Malawi ist gross. Viele Kinder sind unterernährt. «Etwa für ein Drittel der Kindstode ist die Mangelernährung verantwortlich», betont Sharon Nehrenheim. Die Gründe für dieses Problem sind vielseitig. Fehlendes Fachwissen im Agrarbereich, aber auch Geschlechterungleichheiten können Auslöser für Hunger und Armut sein. «Die Mütter sind für die Ernährung der Kinder zuständig. Aber gleichzeitig dürfen sie nicht mitbestimmen, was angebaut wird oder was gekocht wird», sagt Sharon Nehrenheim. Für ein nachhaltiges Ernährungssystem in Malawi braucht es innovative agrarökologische Methoden verbunden mit traditionellem Wissen. Daneben spielt der Einbezug der Bäuerinnen eine grosse Rolle.

Zentrum für Forschung und Bildung
Die lokale Partnerorganisation SFHC hat in den vergangenen Jahren ein Forschungs- und Ausbildungszentrum errichtet und mittlerweile in Betrieb genommen. Die Organisation arbeitet heute mit über 6000 Bäuerinnen und Bauern in Nord- und Zentral-Malawi zusammen. Kern der Ausbildung ist die Vermittlung von ökologischen Landwirtschaftspraktiken. Bäuerinnen und Bauern lernen verschiedene Anbaumethoden und Alternativen zu Kunstdüngern kennen und steigern damit schliesslich ihre Ernteerträge. Auch Kochkurse bietet SFHC an, damit die Teilnehmer:innen lernen, wie man sich ausgewogen ernähren kann und welche Vorteile dies mit sich bringt.

Lernen im Tandem
Im sogenannten «Farmer Research Team» experimentieren je eine Frau und ein Mann mit verschiedenen Kombinationen von Saatgut und teilen die Erkenntnisse am Schluss mit den anderen Teilnehmer:innen. «Es werden bewusst pro Team eine Frau und ein Mann mit einbezogen, damit wir die Geschlechterungleichheit verringern können», erklärt Sharon Nehrenheim. «Die Frauen lernen so mehr über die Landwirtschaft und das Experimentieren, während die Männer an den Kochkursen teilnehmen.» Erfolgt das Wirtschaften im Agrarbereich auf ökologische Weise, verschwinden Armut und Mangelernährung vermehrt.
Wissen weitergeben
«Unseres Malawi-Projekt in Zusammenarbeit mit SFHC hat eine nachhaltige Wirkung», betont Sharon Nehrenheim. In den Tandems «Farmer-Research» eignen sich die Bäuerinnen und Bauern nicht nur Wissen an, sondern geben dieses auch weiter. «Dies stärkt die Gemeinschaft. Das Miteinander ist besonders wichtig, vor allem in Krisenzeiten», sagt Sharon Nehrenheim. Die Tandems bilden eine wichtige Anlaufstelle in den Gemeinschaften. Sie informieren über Agrarökologie und geben Tipps rund um den agrarökologischen Anbau weiter. «Ausserdem erhalten die Teilnehmer:innen einen Werkzeugkasten mit einer Auswahl an agrarökologischen Methoden, die sie preisgünstig und langfristig anwenden können», informiert Sharon Nehrenheim. Aber auch das Forschungs- und Ausbildungszentrum sowie die Förderung des Austausches zwischen den Kleinbauernfamilien tragen zur nachhaltigen Projektwirkung bei. «Um diese Veränderung voranzutreiben, sind wir auf finanzielle Unterstützung angewiesen», sagt Sharon Nehrenheim.


Biovision – Stiftung für ökologische Entwicklung
Seit 25 Jahren bekämpft Biovision Armut und Hunger und setzt sich für die Verbreitung und Anwendung ökologischer Methoden ein, die zur nachhaltigen Verbesserung der Lebensbedingungen in Afrika führen und zugleich die Umwelt schonen.
Biovision leistet im Norden und Süden Hilfe zur Selbsthilfe und fördert ökologisches Denken/Handeln. Biovision und ihr Mitbegründer Hans Rudolf Herren wurden 2013 mit dem Right Livelihood Award, auch bekannt als «Alternativer Nobelpreis», für ihr Engagement zur Überwindung von Hunger und der Transition zu nachhaltigen Ernährungssystemen ausgezeichnet.