Das Schweizer Gesundheitssystem zeichnet sich durch eine hohe Kostenbeteiligung der Versicherten aus. Im Jahr 2022 bezahlten die Schweizer Haushalte 60 Prozent der Gesundheitskosten, was 526 Franken pro Monat und Kopf entspricht. Die Gesundheitskosten sind seit 1960 kontinuierlich gestiegen, von monatlich 31 Franken damals auf das rund 43-fache im Jahr 2022. Mit einmaligen finanziellen Beiträgen will die Winterhilfe Menschen mit knappem Budget eine Verschuldungsspirale verhindern.
Die steigenden Gesundheitskosten belasten besonders einkommensschwache Haushalte. Durchschnittlich gaben in der Schweiz lebende Personen im Jahr 2022 pro Monat 869 Franken für Gesundheitskosten aus, wie das Bundesamt für Statistik BFS schreibt. Dies trifft Haushalte nahe der Armutsgrenze – die für einen Haushalt mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern bei 4010 Franken liegt – überproportional stark. Für viele Familien können die steigenden Kosten zu finanziellen Schwierigkeiten führen. Sie können Krankenkassenprämien und Arztrechnungen nicht mehr bezahlen. «Im 2022 leben 4,4 Prozent der Bevölkerung in einem Haushalt mit mindestens einem Zahlungsrückstand bei den Krankenkassenprämien», gibt Anna Suppa von der Winterhilfe Schweiz zu bedenken. Schulden belasten bei den meisten Menschen die Psyche und führen zu Stress.
Verschuldung mit Folgen für die psychische Gesundheit
Studienresultate zeigen klar: Verschuldete Personen in der Schweiz leiden stärker unter Stress, Unzufriedenheit sowie Angst- und Depressionsgefühlen als Menschen ohne Verschuldung. Zum Teil versuchen Verschuldete mit Krediten ihre finanzielle Not zu lindern. Aber auch ein Kredit wirkt sich negativ auf die finanzielle Zufriedenheit aus, allerdings weniger als Zahlungsrückstände oder aufgelaufene Schulden. Zahlungsrückstände haben unmittelbaren signifikanten negativen Effekt auf die psychische Gesundheit und Lebensqualität. Sie führen zu einer Zunahme von Angst-/Depressionsgefühle und einer Abnahme der allgemeinen Lebenszufriedenheit. Anna Suppa sagt: «Erste Untersuchungen zeigen, dass Menschen mit Zahlungsrückständen häufiger unter Rücken- und Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit und Müdigkeit leiden als Menschen ohne Zahlungsrückstände.» Das heisst konkret, Menschen mit Schulden sind neben psychischen auch von physischen Auswirkungen betroffen.
Aus Kostengründen verzichten
Die Prävalenz, Einflussfaktoren und Folgen, die ein Verzicht auf Gesundheitsleistungen haben, untersuchte die Studie «Verzicht auf Gesundheitsleistungen in der Schweiz». Sie wertete Daten aus mehreren regionalen und nationalen bevölkerungsbasierten Erhebungen aus. Aufgrund methodischer Unterschiede bei der Messung liess sich keine nationale Prävalenz ermitteln. Die Studie stellt dennoch fest: «Unsere Ergebnisse zeigen insbesondere, dass Personen mit einem geringeren Haushaltseinkommen überproportional häufig auf Gesundheitsleistungen verzichten, ebenso wie Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit bzw. im Ausland Geborene oder Personen mit chronischen Erkrankungen.» Der Verzicht auf ärztliche und zahnärztliche Leistungen sei nach wie vor ein aktuelles Phänomen. Das kann sich auf die Betroffenen auswirken. «Medizinische Unterversorgung aus finanziellen Gründen kann fatale Auswirkungen haben und sich langfristig negativ auf die Gesundheit auswirken», sagt Anna Suppa. Die Winterhilfe trägt dazu bei, dass es der Schweizer Bevölkerung – oder wenigstens Teilen davon – gesundheitlich besser gehe. Im Geschäftsjahr 2023/2024 hat die Winterhilfe Schweiz rund 1,4 Millionen Franken an Gesundheitskosten geleistet. 200’000 Franken mehr noch als im Vorjahr.
Tägliche Anfragen
Täglich erhält die Winterhilfe Gesuche von Menschen mit knappem Budget. Die Winterhilfe unterstützt betroffene Personen mit einmaliger finanzieller Hilfe. Im Geschäftsjahr 2023/2024 hat sie über 20’000 Hilfsgesuche bearbeitet und mehr als 50‘000 Menschen unterstützt, viele davon Kinder. Insgesamt hat die Winterhilfe Schweiz 7,2 Millionen Franken an Unterstützung geleistet.
Die Winterhilfe Schweiz
Die Winterhilfe leistet ganzjährige Inlandhilfe für Armutsbetroffene. Unter dem Dach der Winterhilfe Schweiz sind die 27 in allen Sprachregionen vertretenen kantonalen und regionalen Geschäftsstellen eigenständig organisiert (inklusive Rechnungslegung) und teilweise für die Mittelbeschaffung verantwortlich. Die Winterhilfe Schweiz bietet den Rahmen der Geschäftstätigkeit der Gesamtwinterhilfe, übernimmt Finanzierungen, welche die Möglichkeiten der kantonalen Geschäftsstellen überschreiten, führt eigene Projekte durch und betreibt Fundraising. Die Erträge aus dem Fundraising kommen wiederum den Geschäftsstellen oder nationalen Projekten zu. Für die gesamte Winterhilfe sind rund 400 Personen tätig, viele davon auf freiwilliger Basis oder ehrenamtlich.