Die Stiftung Toilets for All engagiert sich für saubere und nachhaltige Schultoiletten im globalen Süden. Dort hat die Hälfte der Schulen keinen Zugang zu einer angemessenen Sanitärversorgung. Bei ihren Projekten arbeitet die Stiftung immer mit lokalen Partnern zusammen.
Über 8000 Schülerinnen und Schüler besuchen die Kapeni Demonstration Primary School in der malawischen Grossstadt Blantyre. Ihnen stehen insgesamt 25 halbwegs benutzbare Toiletten zur Verfügung. Selbst wenn man berücksichtigt, dass die Schülerinnen und Schüler gestaffelt zur Schule gehen – die eine Hälfte kommt am Morgen, die andere am Nachmittag – bedeutet das, dass sich jeweils rund 160 Schülerinnen beziehungsweise Schüler eine Toilette teilen müssen. Diese ungenügende Situation ist für die Menschen nicht nur unangenehm, sie hat auch weitreichende Folgen: Aufgrund der unhygienischen Verhältnisse besteht ein erhöhtes Krankheitsrisiko, was sich wiederum auf den Lernerfolg der Schüler auswirkt, weil sie regelmässig dem Unterricht fernbleiben müssen.
Toilettenanlagen produzieren Biogas für die Küche
Die Schweizer Stiftung Toilets for All hat mit ihren lokalen Partnern ein Projekt ausgearbeitet und möchte noch in diesem Jahr damit beginnen, die Toilettenanlagen der Kapeni School zu erneuern und zu erweitern. Dabei setzt sie auf ein Biogas-System, welches Urin und Fäkalien aus den Toiletten in Gas umwandelt. Dieses Gas soll dann in der Schulküche zum Kochen verwendet werden. Damit möchte die Schule ein weiteres Problem lösen: Bis heute werden die Mahlzeiten über dem offenen Holz-Feuer zubereitet. Das ist erstens teuer und zweitens schädlich für die Umwelt sowie die Gesundheit des Küchenpersonals, das dem Rauch ausgesetzt ist. Mit der Erneuerung der Toilettenanlage und der Installation einer Biogas-Anlage sollen sich also nicht nur die hygienischen Verhältnisse in der Schule verbessern, sondern es soll gleichzeitig eine nachhaltige Energiequelle geschaffen und die Abholzung reduziert werden.
Toilets for All hat bereits in einigen Schule in Kenia Biogas-Toilettenanlage finanziert und damit gute Erfahrungen gemacht. Zwar sei die anfängliche Investition einer solchen Anlage relativ hoch, sagt Reto Wey, Sekretär von Toilets for All. Dank dem Zusatznutzen zahle sie sich aber rasch aus.

Sanitärversorgung ist ein Menschenrecht
Die Stiftung wurde 2020 gegründet, mit dem Ziel, den Zugang zu sauberen, würdevollen Toiletten in Ländern des globalen Südens zu verbessern. «3,5 Milliarden Menschen haben keinen Zugang zu sicheren Toiletten», erklärt Reto Wey – fast die Hälfte der Weltbevölkerung. Dabei ist der Zugang zu angemessenen sanitären Einrichtungen ein Menschenrecht und gehört zu den UNO-Nachhaltigkeitszielen (SDG 6.2.). Der Fokus auf das eher unappetitliche Thema «Toiletten» mache das Fundraising etwas schwieriger, als wenn man sich für den Zugang zu sauberem Trinkwasser engagiere, gibt Wey zu. «Aber die ungenügende Sanitärversorgung im globalen Süden ist ein riesiges Problem, auf das wir aufmerksam machen und für das wir Lösungen anbieten möchten.» Ungenügende oder fehlende Sanitäreinrichtungen sind eine Gefahr für die Gesundheit der Menschen, aber auch der Umwelt, weil die Fäkalien Böden, Grundwasser und Gewässer verschmutzen. Ganz zu schweigen von den Auswirkungen auf die Menschenwürde und die persönliche Sicherheit.
Zirkuläre Toilettensysteme
Am Anfang von «Toilets for All» stand eine Reise nach Malawi, die Anne Mosseri-Marlio, die heutige Stiftungsratspräsidentin und Ehefrau von Reto Wey, vor fast 20 Jahren unternahm. Als Mitarbeiterin von Roche besuchte sie Schulen für Aidswaisenkinder, welche der Basler Pharmakonzern und dessen Mitarbeiter in dem südostafrikanischen Staat mitinanzierten. «Damals habe ich zum ersten Mal gesehen, unter welchen Bedingungen die Kinder dort zur Schule gehen», erinnert sie sich. «In den Schulen gab es kein Leitungswasser und nur wenig Strom. Private Häuser hatten nicht immer Fenster, nur Öffnungen.» Dieser Eindruck liess sie nicht mehr los und führte Jahre später zur Gründung von Toilets for All.
Seither hat die Stiftung über 30 Toilettenanlagen für Schulen in sechs Ländern realisiert, die meisten auf dem afrikanischen Kontinent. Wobei man sich unter «Toiletten» keine weisse Porzellanschüsseln vorstellen dürfe, präzisiert die Stiftungsratspräsidentin: «Es handelt sich um rudimentäre Latrinen, die meist ohne Wasser funktionieren.» Aber sie bieten dank Wänden und Türen mehr Sicherheit und Privatsphäre. Zudem basieren sie auf einem Kreislaufsystem: Kot und Urin werden in Biogas umgewandelt, der Ausfluss wird zu Dünger aufbereitet und der lokalen Landwirtschaft angeboten.
Welche Art von Toiletten installiert wird, richtet sich nach den Bedürfnissen vor Ort. «Wir sind immer auf der Suche nach neuen Innovationen, diese müssen aber vor Ort einen Nutzen erbringen», sagt Reto Wey. Dafür arbeitet die Stiftung auch mit der ETH Zürich zusammen. Bei allen Projekten setzt Toilets for All auf lokale Firmen, welche die Anlagen installieren und unterhalten. Die Stiftung finanziert die Schultoiletten aber nicht nur. Sie möchte mit ihrem Know-how lokale Firmen auch dabei unterstützen, eigene Projekte umzusetzen. Die Erkenntnisse werden unter www.wash4schools.com veröffentlicht.

Toilets for All
Die Schweizer Stiftung möchte möglichst vielen Schülern im globalen Süden Zugang zu effizienten, nachhaltigen Toiletten geben. Dabei arbeitet sie mit lokalen Partnern zusammen, welche die Toilettenanlagen in Schulen ausführen und unterhalten. Die Stiftung unterstützt die Partner auch im Bereich von Wissenstransfer und Technologie. Die Projekte werden durch steuerbefreite Spenden von Privaten, Firmen und Stiftungen finanziert. Alle Mitglieder des Stiftungsrats arbeiten ehrenamtlich und übernehmen alle die administrativen und Reise-Kosten.