«Gefangene helfen Jugendlichen» mit dabei am Zukunftstag 2024. Bild zVg, Gefangene helfen Jugendlichen.

Ehe­ma­li­ge Häft­lin­ge klä­ren auf

Straf­ver­fah­ren sind heu­te stren­ger als noch vor weni­gen Jahr­zehn­ten. Was frü­her viel­leicht als harm­lo­ser Streich galt, kann heu­te straf­recht­li­che Kon­se­quen­zen haben. Die Orga­ni­sa­ti­on «Gefan­ge­ne hel­fen Jugend­li­chen» (GhJ) nutzt die Erfah­run­gen ehe­ma­li­ger Häft­lin­ge, um Jugend­li­chen auf­zu­zei­gen, wohin kri­mi­nel­le Ent­schei­dun­gen füh­ren kön­nen und was für weit­rei­chen­de Kon­se­quen­zen das auf das spä­te­re Leben hat.

Andrea The­len, Geschäfts­füh­re­rin von GhJ, betont: «Unse­re Unter­rich­te sind kei­ne abstrak­te Prä­ven­ti­on, son­dern direk­te Auf­klä­rung. Wir spre­chen über Kon­se­quen­zen, ohne zu dra­ma­ti­sie­ren.» Vie­le Jugend­li­che haben eine fal­sche Vor­stel­lung von Haft­be­din­gun­gen – geformt durch Fil­me und Social Media. Die Kurs­lei­ten­den von GhJ räu­men mit die­sen fal­schen Vor­stel­lun­gen auf und schil­dern aus erster Hand, was eine Ver­ur­tei­lung tat­säch­lich bedeutet.

Kei­ne Theo­rie, son­dern Realität

Die Kur­se fin­den an Ober­stu­fen­schu­len, in Jugend­hei­men und in der offe­nen Jugend­ar­beit statt. Die Kurs­lei­ten­den, selbst ehe­mals inhaf­tiert, schaf­fen eine Ver­trau­ens­ba­sis, die ande­ren Fach­per­so­nen oft ver­wehrt bleibt. «Unse­re Kurs­lei­ten­den haben die­se Wege selbst erlebt. Sie haben einen ande­ren Zugang zu den Jugend­li­chen», sagt The­len. Ein Bei­spiel für den unkon­ven­tio­nel­len Ansatz von GhJ: Zunächst wand­te sich Andrea The­len an Voll­zugs­in­sti­tu­tio­nen, um Kurs­lei­ten­de zu fin­den. Dann ver­öf­fent­lich­te sie beim RAV eine Stel­len­aus­schrei­bung mit dem Titel «Kurs­lei­ten­de Ex-Häft­lin­ge gesucht». Der Rück­ruf kam prompt: «Mei­nen Sie das ernst?» Nach einem lan­gen Gespräch erkann­te eine lei­ten­de RAV-Mit­ar­bei­te­rin das Poten­zi­al und unter­stütz­te die Initia­ti­ve. Heu­te wer­den alle Kurs­lei­ten­den sorg­fäl­tig aus­ge­wählt und spe­zi­ell geschult.

Ehe­ma­li­ger Häft­ling unter­rich­tet in der Ober­stu­fe und klärt auf. Bild: zVg, Gefan­ge­ne hel­fen Jugendlichen.

Wer zahlt für die Aufklärung?

Die Kur­se finan­zie­ren sich zur Hälf­te durch die Ein­nah­men aus den Unter­rich­ten an Schu­len, Jugend­hei­men und in der offe­nen Jugend­ar­beit. Die ande­re Hälf­te stammt aus Fund­rai­sing, vor allem über Stif­tun­gen. Damit kön­nen auch Schu­len mit knap­pen Bud­gets Kur­se buchen. Seit 2020 haben die Kurs­lei­ten­den über 6.500 Jugend­li­che erreicht. «Wenn wir pro Jahr nur zwei Jugend­li­che von einer kri­mi­nel­len Lauf­bahn abhal­ten kön­nen, hat sich der Auf­wand gelohnt», sagt Thelen.

Zwei­te Chan­ce – bei­de Sei­ten ler­nen etwas dabei

Die Arbeit von GhJ zeigt: Nicht nur Jugend­li­che pro­fi­tie­ren. Auch die Kurs­lei­ten­den reflek­tie­ren ihre Ver­gan­gen­heit und fin­den durch ihre neue Rol­le einen Weg zurück in die Gesell­schaft. «Wir sind die ein­zi­ge Orga­ni­sa­ti­on in der Schweiz, die die­se Form der auf­su­chen­den Auf­klä­rung durch­führt. Wäh­rend die Poli­zei in man­chen Kan­to­nen Prä­ven­ti­ons­ar­beit lei­stet, set­zen wir auf eine ande­re Ebe­ne: direk­te Auf­klä­rung durch Betrof­fe­ne», erklärt Thelen.

Ein Pro­jekt, das sich lohnt

GhJ bie­tet eine rea­li­sti­sche Alter­na­ti­ve zur klas­si­schen Kri­mi­nal­prä­ven­ti­on. Die Orga­ni­sa­ti­on setzt auf per­sön­li­che Begeg­nun­gen und unver­fälsch­te Berich­te. Wer die­se Arbeit unter­stüt­zen möch­te, kann dies durch Spen­den oder ehren­amt­li­ches Enga­ge­ment tun..

Gefan­ge­ne hel­fen Jugendlichen

Die Orga­ni­sa­ti­on “Gefan­ge­ne hel­fen Jugend­li­chen” (GhJ) ist eine unab­hän­gi­ge, gemein­nüt­zi­ge Initia­ti­ve mit Sitz in Män­nedorf, die sich seit 2019 für die Auf­klä­rung und Prä­ven­ti­on von Jugend­kri­mi­na­li­tät in der Schweiz ein­setzt. Ihr Ziel ist es, Jugend­li­che vor kri­mi­nel­len Wegen zu bewah­ren und gleich­zei­tig ehe­ma­li­gen Häft­lin­gen eine nach­hal­ti­ge Wie­der­ein­glie­de­rung in die Gesell­schaft zu ermög­li­chen. Durch Auf­klä­rungs­un­ter­richt an Schu­len, in Jugend­hei­men und der offe­nen Jugend­ar­beit sen­si­bi­li­sie­ren spe­zi­ell geschul­te Ex-Häft­lin­ge jun­ge Men­schen für die Kon­se­quen­zen von Straf­ta­ten. Dabei ver­mit­teln sie ein rea­li­sti­sches Bild des Straf­voll­zugs und der lang­fri­sti­gen Aus­wir­kun­gen einer Vor­stra­fe – ohne zu dra­ma­ti­sie­ren, aber auch ohne zu ver­harm­lo­sen. In die­sem Jahr inten­si­viert GhJ sei­ne Arbeit wei­ter, um mög­lichst vie­len Jugend­li­chen Zugang zu die­ser ein­zig­ar­ti­gen Form der Auf­klä­rung zu ermög­li­chen. Die Orga­ni­sa­ti­on setzt dabei auf ein hybri­des Finan­zie­rungs­mo­dell: Wäh­rend ein Teil der Kosten durch Schu­len und Insti­tu­tio­nen gedeckt wird, finan­ziert sich die ande­re Hälf­te über Spen­den und Stif­tungs­gel­der. Dies erlaubt es auch finan­zi­ell schwä­che­ren Schu­len, an den Pro­gram­men teilzunehmen.


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