Der Verein Werkplatz betreibt in Herisau, Appenzell Ausserrhoden, eine Genusswerkstatt und hat neuerdings einen Bioladen in Gossau, St. Gallen, in Betrieb genommen. Das Besondere daran? Der Verein bietet Arbeitsplätze für beeinträchtigte und nichtbeeinträchtigte Menschen. Er lebt die Inklusion in einer neuen Dimension: Alle Mitarbeitenden sind gleichgestellt und arbeiten Seite an Seite.
In der Genusswerkstatt im appenzellischen Herisau stellen die Mitarbeitenden des Vereins Werkplatz Bio-Lebensmittel und Wellnessartikel her. Über die Jahre hat der Verein 367 Inspirationen entwickelt. Seit Juni 2022 betreibt der Verein einen Bioladen in Gossau, St. Gallen. Insgesamt beschäftigt der Verein 28 Mitarbeitende, eine Mischung aus Menschen mit und ohne Beeinträchtigung. «Inklusion ist für uns mehr als nur ein schönes Wort», erklärt Urs Stuker, Geschäftsleiter des Vereins Werkplatz, «wir leben Inklusion in allen Bereichen unseres Vereins.» Dieses Credo gilt auch für den neuen Bioladen Dill & Rosmarie.
Bio und Regionalität
Neu ist der Verein Werkplatz mit einem Bio- und Regionalladen, Dill & Rosmarie, gestartet. Dabei verfolgt er dieselben Axiome wie in der Genusswerkstatt: Alle Produkte sind bio und regional. Im kleinen «Lädeli» mit Café ist die Hälfte der Arbeitsplätze für Menschen mit Beeinträchtigung vorbehalten. Um den Laden erfolgreich zu führen, braucht es 580 Stellenprozente. Ergänzend sollen zwei Lehrstellen im Detailhandel EFZ und EBA geschaffen werden. «Der Bio- und Regionalladen soll Kund:innen mit einer qualitätsbewussten, saisonalen und nachhaltigen Ernährungs- und Lebensweise ansprechen», sagt Urs Stuker. Der Verein bietet im Bioladen Lebensmittel des täglichen Bedarfs, darunter Eigenprodukte aus der Genusswerkstatt, aber auch aus anderen sozialen Institutionen. «Wir haben ein Sortiment an Geschenkartikeln und ein kleines Café im Laden», erläutert Urs Stuker. Nebst dem Onlineshop und dem kleinen Fabrikladen gewinnt der Verein mit dem Bioladen einen zusätzlichen Absatzkanal für seine Produkte aus der Genusswerkstatt. Der neue Betrieb schafft wiederum inklusive Arbeitsplätze. Urs Stuker ist zuversichtlich für den neuen Bioladen: «In den letzten Jahren ist der Bioanteil des gesamten Lebensmittelmarktes in der Schweiz rasant angestiegen. Auch Regionalität wird für Kund:innen zunehmend wichtiger.»



Sozialer Grundgedanke
Der Verein Werkplatz lebt Inklusion als Credo. «Inklusion ist für viele in erster Linie eine technische Angelegenheit», erklärt Urs Stuker. «Dazu gehören barrierefreie Zugänge zu Gebäuden und Eingänge im öffentlichen Verkehr, oder behindertengerecht eingerichtete Arbeitsplätze sowie die Umsetzungen der kantonalen Gesetzgebung. Im Alltag gibt es aber für Menschen mit einer Beeinträchtigung nach wie vor sehr viel Ausgrenzung.» Bei der Arbeit möchte der Verein Werkplatz mit Inklusion, für Menschen mit einer psychischen Beeinträchtigung, ein Zeichen setzen. «Wir unterscheiden nicht zwischen Menschen mit und ohne Beeinträchtigung, wenn es um Funktionen und Verantwortungsbereiche geht», erklärt Urs Stuker. Einzig die berufliche Fähigkeit über den Aufgabenbereich und die dazugehörigen Weisungsbefugnisse sind im Verein Werkplatz entscheidend. Urs Stuker erzählt: «Dieses Credo in der Praxis umzusetzen, war nicht einfach. Viele Angestellte waren gegenüber der Idee kritisch eingestellt.» Der Verein habe deshalb einen externen Coach dazugeholt, um die Mitarbeiter:innen während der Umstellung zu ermutigen. «Trotz verschiedener Schwierigkeiten haben wir mit Inklusion viele positive Erfahrungen gemacht», äussert sich Urs Stuker. Er ist überzeugt, dass der Verein auf dem richtigen Weg ist.
Auf finanzielle Unterstützung angewiesen
Inklusive Arbeitsplätze, wie sie der Verein Werkplatz anbietet, sind in der ersten Phase eine grosse Herausforderung. Denn gesetzliche Grundlagen für inklusive Betriebe, die Menschen mit einer IV-Rente beschäftigen, gibt es in der Schweiz bis anhin nicht. Aus diesem Grund ist der Verein auf Spenden und Fördergelder von Stiftungen angewiesen.

Verein Werkplatz
2020 wurde der gemeinnützige Verein Werkplatz gegründet. Heute ist der Verein Träger der Genusswerkstatt in Herisau, Appenzell Ausserrhoden und dem neuen Bioladen in Gossau, St. Gallen. Zuvor war die Stiftung Tosam, ebenfalls mit Sitz in Herisau, Trägerin der Genusswerkstatt. Als die Stiftung 2019 die Genusswerkstatt schliessen wollte, hat sich Urs Stuker, der damalige Betriebsleiter, entschlossen, den Betrieb mit neuer Trägerschaft weiterzuführen. So entstand der Verein Werkplatz. In der Genusswerkstatt produzieren Menschen mit und ohne Beeinträchtigung Lebensmittel, wie diverse Salze, Gewürze, Essig, Senf, Backmischungen sowie einige Wellnessartikel. Inklusion wird in der sozialen Einrichtung gross geschrieben. «Alle sind gleichwertig und sollen Seite an Seite in einem Betrieb arbeiten können», sagt Urs Stuker.