Tel 143 – Die Dargebotene Hand hat sich seit der Gründung als Anlaufstelle zur Suizidprävention zu einem wichtigen Anker für viele hilfesuchende Menschen in der Schweiz weiterentwickelt. Schweizweit wird die Nummer 143 mittlerweile über 194’000 mal im Jahr angerufen.
Rund 10 Prozent der Anrufe, nämlich 18’332, wurden im letzten Jahr durch die Regionalstelle Bern bedient. Dazu kommen über 300 E‑Mail-Nachrichten und 1245 Chat-Kontakte. Im letzten Jahr war ein Rückgang auf den online Kanälen zu verzeichnen, es gab weniger Kontaktaufnahmen per E‑Mail oder Chat. «Aus diesen Rückgängen kann jedoch nicht auf eine verringerte Nachfrage geschlossen werden. Sie sind vielmehr auch Ausdruck davon, dass wir unsere Kapazität auf diesen Kanälen bisher nicht signifikant ausbauen konnten», erklärt Melanie Häusler, Verantwortlich für PR, Kommunikation und Fundraising von Tel 143 – Die Dargebotene Hand der Regionalstelle Bern. Die online Kanäle sind aber eine wichtige Ergänzung zum Telefon, denn vor allem jüngere Hilfesuchende sowie Männer bevorzugen die digitale Kontaktaufnahme. «Dies ist insbesondere deshalb wichtig, weil insgesamt viel mehr Frauen als Männer bei uns um Hilfe ersuchen: rund 70 Prozent Frauen und nur 30 Prozent Männer», führt Melanie Häusler aus.
Gegründet zur Suizidprävention
Die Idee, eine Telefonseelsorge anzubieten, hatte Pater Chad Varah in London am Anfang der 1950er Jahre. Er gründete den Dienst als Antwort auf die steigenden Suizidraten nach dem Zweiten Weltkrieg. Mitte der 50er Jahre wurden in der Schweiz der Pfarrer Kurt Scheitlin auf die Idee aufmerksam und rief am 11. Oktober 1957 zusammen mit dem Unternehmer Fred Pestalozzi und Migros-Gründer Gottlieb Duttweiler unter dem Namen «Dargebotene Hand» die erste Schweizer Telefonseelsorge ins Leben, welche bereits in der ersten Nacht 37 Anrufe von Hilfesuchenden entgegennahm. Heutzutage sind die Gründe vielfältig, wieso sich jemand an die Dargebotene Hand wendet. «Am häufigsten geht es den Hilfesuchenden um Fragen psychischer Leiden, Alltagsbewältigung, Einsamkeit oder körperlicher Leiden», sagt Melanie Häusler. Das Thema Suizid erscheint in der internen Statistik nur mit 2 Prozent. «Es zeichnet sich hier bei genauerem Hinschauen aber eine beunruhigende Tendenz ab. Während 2022 Suizid in 2.03 Prozent der Gespräche angesprochen wurde, waren es im letzten Jahr 2.42 Prozent.» Das Angebot der Dargebotenen Hand wird von Menschen aller Gesellschaftsschichten in Anspruch genommen und Menschen allen Alters wird geholfen, wobei Kinder und Jugendliche an die dafür spezialisierten Stellen der Pro Juventute weitervermittelt werden.
Das aktive Zuhören steht im Zentrum
Die Regionalstelle Bern verfügt über 260% Stellenprozente für die Leitung. Der Grossteil der Arbeit wird aber von den 66 freiwilligen Mitarbeiter:innen geleistet, welche sich zu jeder Tages- und Nachtzeit um die Anfragen kümmern: «Alle rund 1.5 Jahre führen wir einen 8 Monate dauernden Ausbildungskurs durch. 14 neue Personen haben im letzten Jahr nach erfolgreichem Abschluss des Kurses die Arbeit als freiwillige Mitarbeitende bei Tel 143 Bern aufgenommen.» Die Freiwilligen sind meist bereits im Rentenalter und wollen der Gesellschaft etwas zurückgeben. Ein Grossteil der Freiwilligen bleibt dem Telefondienst 8 bis 10 Jahre lang treu. Eine empathische Haltung und die Fähigkeit, mit den Anrufenden eine Beziehung auf Augenhöhe einzugehen, sind die Grundlage für die Freiwilligen. «Das aktive Zuhören steht im Zentrum und nicht in erster Linie das Erteilen von Ratschlägen», erklärt Melanie Häusler, «die hilfesuchenden Menschen sollen befähigt werden, ihre Situation zu verstehen. Im Gespräch werden Möglichkeiten und Ressourcen im Hinblick auf die Verbesserung ihrer Situation sichtbar gemacht.» Mit ihrem Angebot leistet die Dargebotene Hand damit einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag zur psychosozialen Gesundheit der Bevölkerung. Und das Tag für Tag und Nacht für Nacht.
Tel 143 — Die Dargebotene Hand Bern
Tel 143 – Die Dargebotene Hand bietet rund um die Uhr anonyme und vertrauliche Unterstützung bei Krisen und Alltagsproblemen über Telefon, Chat und Email. Das Angebot ist für alle Menschen unabhängig von Religion, Kultur und Herkunft offen. Die Regionalstelle Bern, eine von 12 in der Schweiz, betreut Anrufende aus Bern und Umgebung. Sie ist eine politisch und konfessionell unabhängige, ZEWO-zertifizierte Non-Profit-Organisation mit etwa 60 freiwilligen Mitarbeitenden.