Unterricht in einem Klassenzimmer der ESMONO-Schule. Bild: zVg Verein Pro ESMONO

Bil­dung in der Kri­se: Pro ESMONO kämpft für Haï­tis Kinder

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Der Ver­ein Pro ESMONO unter­stützt seit 2014 die unab­hän­gi­ge Schu­le ESMONO, die nach dem ver­hee­ren­den Erd­be­ben von 2010 in Haï­ti gegrün­det wur­de. Der Ver­ein infor­miert über die Situa­ti­on vor Ort und ist aktiv in der Mittelbeschaffung.

Die Geschich­te der ESMONO beginnt mit Otto Heg­nau­er und dem Erd­be­ben vom 12. Janu­ar 2010, wel­ches ganz Haï­ti erschüt­ter­te. Otto Heg­nau­er, ein pen­sio­nier­ter Leh­rer und Aben­teu­rer aus der Schweiz, ver­lor damals wie vie­le ande­re sein gesam­tes Hab und Gut. Die Rück­kehr in die Schweiz kam für ihn jedoch nicht in Fra­ge. Er sah das Lei­den, spe­zi­ell das der vie­len eltern­lo­sen Kin­der, und woll­te hel­fen. In Zusam­men­ar­beit mit einer ein­hei­mi­schen Bekann­ten begann Otto in einer Höh­le mit­tel­lo­se Kin­der zu unter­rich­ten. Mit sei­ner AHV-Ren­te finan­zier­te er den Bau eines klei­nen Schul­hau­ses in Mon­tagnes Noir, ober­halb der Haupt­stadt von Haïti.

Vom klei­nen Schul­haus zur «Bil­dungs­oa­se»

Nach meh­re­ren Mona­ten Bau­zeit konn­te der Schul­be­trieb im Sep­tem­ber 2011 auf­ge­nom­men wer­den. Anfangs wur­de der Schul­be­trieb aus­schliess­lich durch Otto Heg­nau­er und eini­ge Spen­den finan­ziert, bis 2014 der Ver­ein Pro ESMONO ins Leben geru­fen wur­de. Was mit 40 Kin­dern begann, wuchs schnell und heu­te bil­det ESMONO Kin­der und Jugend­li­che vom Kin­der­gar­ten bis zum Schul­ab­schluss aus. «Bei ESMONO wer­den bis zu 750 Kin­der unter­rich­tet», so Dani­el Kurz, ehren­amt­li­cher Prä­si­dent des Ver­eins Pro ESMONO. «Es ist schwie­rig, es fehlt u.a. an Sicher­heit, Schul­bü­chern, Ernäh­rung und Zugang zu Medi­zin. Es gibt immer noch schreck­li­che Ban­den­krie­ge. Die Leu­te trau­en sich nicht mal auf die Stras­se für ein­fa­che Akti­vi­tä­ten, geschwei­ge denn, Geld abzu­he­ben; das muss alles im Ver­bor­ge­nen pas­sie­ren. Die Schul­lei­tung vor Ort ist sehr fel­sen­fest und bleibt seit Jah­ren dran, über­zeugt, dass wenig­stens der Zugang zu Bil­dung geschaf­fen wird.»

Luft­bild der ESMO­NO-Schu­le aus dem Jahr 2023. Bild: zVg Verin Pro ESMONO 

Eine Schu­le wächst gegen alle Widerstände

Die Schu­le wird von Melis­sa Charles Mystal gelei­tet, die bereits beim Auf­bau der Schu­le dabei war. Das ursprüng­li­che Schul­ge­bäu­de wur­de wie­der­holt von Hur­ri­kans beschä­digt; daher wur­de 2015 ein zwei­tes Schul­haus errich­tet und spä­ter um ein Stock­werk erhöht. Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler ler­nen in gros­sen Klas­sen, was eine Her­aus­for­de­rung dar­stellt, da der Unter­richt der Nach­bar­klas­sen auf­grund feh­len­der decken­ho­her Wän­de hör­bar ist. «Zeit­wei­se kam auf Stun­den­ba­sis eine Kran­ken­schwe­ster in die Klas­sen, als die Cho­le­ra 2023 wie­der so um sich griff, um Todes­fäl­le bei den Kin­dern vor­zu­beu­gen. Das kostet zusätz­lich Geld», erklärt Kurz wei­ter. Die Schweiz hat ca. 46 Ärz­tin­nen und Ärz­te auf 10’000 Ein­woh­ner, Haï­ti ca. 2,4.

Geschich­ten, die Hoff­nung schenken

Otto Heg­nau­er ver­starb 2023, doch sein Ver­mächt­nis lebt durch die Geschich­ten der Schüler:innen, die von ESMONO pro­fi­tie­ren, wei­ter. Eine die­ser Schü­le­rin­nen, Aude, berich­tet stolz von ihrer Zeit an ESMONO und ihren Plä­nen, Schul­psy­cho­lo­gin zu werden.

Ein­blicke in Audes Lebensweg

«Ich bin Aude, eine haï­tia­ni­sche Toch­ter. Ich habe etwa vier Jah­re lang Schul­bil­dung bei ESMONO absol­viert und bin sehr stolz dar­auf. Die­se Jah­re waren gross­ar­tig, ich habe sie sehr geschätzt und viel gelernt. Es ist ESMONO zu ver­dan­ken, dass ich heu­te bin, wo ich bin. Wäh­rend mei­ner Zeit an ESMONO erin­ne­re ich mich dar­an, dass der Direk­tor Otto Heg­nau­er immer bei uns war. Er war immer von gros­ser Hil­fe und ermu­tig­te uns sehr. Oft brach­te er uns eini­ge Wor­te auf Deutsch bei, indem er Akti­vi­tä­ten – wie gemein­sa­mes Sin­gen – mit uns durch­führ­te. Er wird immer in mei­nem Her­zen blei­ben. ESMONO ist für mich und vie­le jun­ge Men­schen aus bedürf­ti­gen Fami­li­en wichtig.»

Aude am Fen­ster, um genü­gend Licht zu erhal­ten. Bild zVg, Ver­ein Pro ESMONO

Her­aus­for­de­run­gen in einer Krisenregion

Obwohl die poli­ti­sche und sicher­heits­tech­ni­sche Lage vor Ort noch immer sehr kri­tisch ist, konn­te die Schu­le wie­der geöff­net und der Unter­richt auf­ge­nom­men wer­den. Nach wie vor ist der Schul­weg gefähr­lich. Ent­füh­run­gen und ande­re Gewalt­ver­bre­chen v.a. in Port-au-Prin­ce sind sehr häu­fig. Lei­der wur­de gemäss Kurz in der letz­ten Woche ein 7‑jähriger Schü­ler ermor­det. «Dies gab es bis anhin noch nie und es zeigt, wie die Lage immer gefähr­li­cher wird. Es gibt gros­se poli­ti­sche, wirt­schaft­li­che und sozia­le Spannungen.»

Prü­fun­gen und Hoff­nung trotz Krise

«Ende April konn­ten die obli­ga­to­ri­schen Prü­fun­gen statt­fin­den. Die Ergeb­nis­se ste­hen noch aus, aber wir sind zuver­sicht­lich, dass unse­re Schü­le­rin­nen und Schü­ler trotz der Umstän­de gute Noten erzie­len wer­den. Was gibt es wich­ti­ge­res als Bil­dung, damit sich die Jugend­li­chen von mor­gen nicht den Ban­den anschlies­sen? Das Staats­examen für die 9. Klässler:innen wer­den dem­nächst durch­ge­führt. Die Bestehens-Quo­te von 95–100% zeigt die gute Qua­li­tät der Schu­le. Neben dem Unter­richt wer­den übri­gens auch Kom­pe­ten­zen für ein gelin­gen­des Erwach­se­nen­le­ben ver­mit­telt», so Dani­el Kurz.

Kurz zitiert zum Abschluss Guan Zhon (645 v.Chr.): «Willst du für ein Jahr vor­aus­pla­nen, so baue Reis an. Willst du für ein Jahr­zehnt vor­aus­pla­nen, so pflan­ze Bäu­me. Willst du für ein Jahr­hun­dert pla­nen, so bil­de Menschen.»

Der Ver­ein Pro ESMONO

Der Ver­ein Pro ESMONO unter­stützt seit 2014 die unab­hän­gi­ge Schu­le ESMONO, die nach dem ver­hee­ren­den Erd­be­ben von 2010 in Haï­ti gegrün­det wur­de. Der Ver­ein infor­miert über die Situa­ti­on vor Ort und ist aktiv in der Mit­tel­be­schaf­fung. Die Spen­den und Mit­glie­der­bei­trä­ge flies­sen fast aus­schliess­lich in die Schule.

Das Spen­den­ma­ga­zin von StiftungSchweiz rich­tet sich an Spen­de­rin­nen und Spen­der. Es infor­miert über aktu­el­le Pro­jek­te, Trends im Spen­den­markt und gibt Tipps, die das digi­ta­le Spen­den ein­fa­cher machen. Jede zwei­te Woche erscheint ergän­zend der «Do Good» Spen­den-News­let­ter.