Sans-Papiers unternehmen mit freiwilligen Begleitpersonen einen Ausflug. Bild: zVg, Sans-Papier Basel

Betrof­fe­ne sol­len zu Betei­lig­ten werden

Die Anlauf­stel­le für Sans-Papiers Basel küm­mert sich um die Anlie­gen von Men­schen ohne gere­gel­ten Auf­ent­halts­sta­tus. Als ein­zi­ge spe­zia­li­sier­te Stel­le im Kan­ton berät sie Sans-Papiers in ihrer unsi­che­ren Lebens­si­tua­ti­on und bie­tet Hil­fe zur Selbsthilfe.

2001 besetz­ten Sans-Papiers gemein­sam mit Unterstützer:innen Kir­chen in meh­re­ren Schwei­zer Städ­ten, unter ande­rem die Kir­che St. Anton in Basel. Mit die­ser Akti­on mach­ten sie die Öffent­lich­keit dar­auf auf­merk­sam, dass es in der Schweiz vie­le Men­schen gibt, die kei­ne Auf­ent­halts­be­wil­li­gung haben, aber den­noch hier – teil­wei­se seit vie­len Jah­ren – leben und arbei­ten. Als Fol­ge die­ser poli­ti­schen Bewe­gung nahm 2002 die Anlauf­stel­le für Sans-Papiers Basel ihren Betrieb auf; sie war die erste Kom­pe­tenz­stel­le für Men­schen ohne gere­gel­ten Auf­ent­halt in der Deutsch­schweiz. Seit über 20 Jah­ren berät sie Sans-Papiers zu The­men wie Gesund­heits­ver­sor­gung, Arbeits­recht oder zu häus­li­cher Gewalt. «Grund­sätz­lich sind es sehr spe­zi­fi­sche und doch auch oft wie­der­keh­ren­de Anlie­gen, die Sans-Papiers an uns tra­gen: die Ein­schu­lung von Kin­dern, finan­zi­el­le Unter­stüt­zung in Not­la­gen oder das Abschlies­sen von Kran­ken­ver­si­che­run­gen», erklärt Tiba Pon­nut­hurai von der Anlauf­stel­le für Sans-Papiers Basel. Die Bera­tun­gen fül­len die Lücken, die sich für Sans-Papiers bei staat­li­chen Stel­len auf­tun, da sie offi­zi­ell als ille­ga­le gel­ten. Tiba Pon­nut­hurai: «Ihr unge­re­gel­ter Auf­ent­halt macht Sans-Papiers beson­ders vul­nerabel für aus­beu­te­ri­sche Arbeits- oder Wohn­ver­hält­nis­se. Gleich­zei­tig kön­nen sie sich nicht an die staat­li­chen Struk­tu­ren wen­den, da sie sonst ihre wirt­schaft­li­che und sozia­le Exi­stenz ver­lie­ren und aus­ge­schafft wer­den können.»

Im ver­gan­ge­nen Jahr haben Sans-Papiers aus Basel ein Buch her­aus­ge­ge­ben, in dem sie ihre Geschich­ten erzäh­len. Bild: zVg Sans-Papier Basel.

Stär­ker im Kollektiv

Die Bas­ler Anlauf­stel­le möch­te aber mehr als Bera­tun­gen durch­füh­ren: Sie bie­tet den Sans-Papiers Mög­lich­kei­ten, sich über ihre Erfah­run­gen aus­zu­tau­schen und ein­an­der zu unter­stüt­zen. Des­halb hat sie vor eini­gen Jah­ren das Pro­jekt «Hil­fe zur Selbst­hil­fe –gemein­sam stark und selbst­be­stimmt» lan­ciert. Seit Pro­jekt­be­ginn haben sich meh­re­re Kol­lek­ti­ve gebil­det, die sich monat­lich tref­fen, um sich zu ver­net­zen und auch poli­tisch zu orga­ni­sie­ren. Zudem ent­stan­den Arbeits­grup­pen, die sich einem The­men­schwer­punkt wid­men, etwa der Öffent­lich­keits­ar­beit – ein Ergeb­nis die­ser Arbeits­grup­pen ist ein Buch, das die Bas­ler Sans-Papiers-Kol­lek­ti­ve vor einem Jahr her­aus­ge­ge­ben haben und in dem sie ihre Geschich­ten erzäh­len. Wei­ter orga­ni­siert die Anlauf­stel­le regel­mäs­sig Work­shops und Infor­ma­ti­ons­ver­an­stal­tun­gen, wobei auch hier der Wis­sens­aus­tausch der Sans-Papiers unter­ein­an­der im Vor­der­grund steht. Damit die Betrof­fe­nen ihre Situa­ti­on ver­bes­sern und selbst­be­stimm­ter leben kön­nen, sei es unbe­dingt not­wen­dig, die Betrof­fe­nen zu Betei­lig­ten zu machen, ist man bei der Anlauf­stel­le über­zeugt: «Das heisst, dass man Sans-Papiers die Mög­lich­keit gibt, aus ihrer Iso­la­ti­on her­aus­zu­tre­ten, im Aus­tausch mit­ein­an­der ihre Anlie­gen zu for­mu­lie­ren und mit eige­ner Stim­me in die Öffent­lich­keit zu tra­gen», heisst es im Pro­jekt­be­schrieb. «Hil­fe zur Selbst­hil­fe» befin­det sich mitt­ler­wei­le in der Kon­so­li­die­rungs­pha­se. Da sich die Kosten nicht über bestehen­de Mit­tel finan­zie­ren las­sen, ist die Anlauf­stel­le hier auf Spen­den angewiesen. 

Die gröss­te Her­aus­for­de­rung für die Anlauf­stel­le bestehe dar­in, genü­gend finan­zi­el­le Res­sour­cen für die recht­li­che und sozi­al­ar­bei­te­ri­sche Unter­stüt­zung und Bera­tung von Sans-Papiers zu akqui­rie­ren, ergänzt  Tiba Pon­nut­hurai: «Als ein­zi­ge Kom­pe­tenz­stel­le für Sans-Papiers ist es her­aus­for­dernd, die rund 4000 Sans-Papiers, die im Raum Basel leben, arbei­ten und Kin­der gross­zie­hen, adäquat und nach­hal­tig zu unter­stüt­zen – und das ohne staat­li­che Finan­zie­rung oder Grossspender:innen.»

Sans-Papiers Basel

Im Jah­re 2001 tra­ten in Basel zum ersten Mal zahl­rei­che Sans-Papiers an die Öffent­lich­keit und for­der­ten zusam­men mit ihren Unterstützer:innen Auf­ent­halts- und Arbeits­be­wil­li­gun­gen. Aus die­ser poli­ti­schen Bewe­gung her­aus ent­stand 2002 die Anlauf­stel­le für Sans-Papiers Basel als erste Bera­tungs­stel­le für Sans-Papiers in der deut­schen Schweiz. Sie ist bis heu­te die ein­zi­ge spe­zia­li­sier­te Stel­le im Kan­ton, die sich um die Anlie­gen von Sans-Papiers küm­mert. Sie bie­tet Sozial‑, Rechts- und Gesund­heits­be­ra­tung sowie Zugang zu medi­zi­ni­scher Grund­ver­sor­gung an. Zudem unter­stützt sie die Bestre­bun­gen der Sans-Papiers zu Selbst­hil­fe und Orga­ni­sie­rung und lei­stet viel­fäl­ti­ge Öffent­lich­keits­ar­beit. Die Anlauf­stel­le für Sans-Papiers ist als Ver­ein orga­ni­siert. Mit­glie­der sind akti­ve Ein­zel­per­so­nen und Vertreter:innen der Trä­ger­or­ga­ni­sa­tio­nen des Ver­eins. Die Anlauf­stel­le ver­fügt zudem über ein brei­tes Netz von Unter­stüt­zen­den und Sym­pa­thi­sie­ren­den, die regel­mäs­sig Geld spenden.

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