Brille, im Einsatz zur Entwicklung eines barrierefreien Zugangs für Querschnittgelähmte. Bild. zVg, Schweizer Paraplegiker-Stiftung

Bar­rie­re­frei­heit in der digi­ta­len Welt

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Die Schwei­zer Para­ple­gi­ker-Stif­tung setzt sich dafür ein, dass Men­schen mit Quer­schnitt­läh­mung ein mög­lichst selbst­be­stimm­tes Leben füh­ren kön­nen. Para­Ver­se heisst das Pro­jekt, das ihr Anlie­gen über die ana­lo­ge Welt hin­aus trägt: eine Platt­form, die Tetraplegiker:innen einen bar­rie­re­frei­en Zugang zur digi­ta­len Welt eröffnet. 

Vor 50 Jah­ren hat­te sich Gui­do A. Zäch zum Ziel gesetzt, ein Kom­pe­tenz- und Begeg­nungs­zen­trum für Men­schen mit Quer­schnitt­läh­mung zu schaf­fen. Damit woll­te er betrof­fe­nen Per­so­nen eine ganz­heit­li­che Reha­bi­li­ta­ti­on und die beruf­li­che wie sozia­le Wie­der­ein­glie­de­rung ermög­li­chen. Er grün­de­te die Schwei­zer Para­ple­gi­ker-Stif­tung, die unter­des­sen von zwei Mil­lio­nen Men­schen unter­stützt wird, und bau­te nach und nach eine Orga­ni­sa­ti­on mit umfas­sen­den Dienst­lei­stun­gen auf. Es ent­stand ein ein­zig­ar­ti­ges inte­gra­les Lei­stungs­netz für Men­schen mit Quer­schnitt­läh­mung und Rücken­ver­let­zun­gen. Mitt­ler­wei­le hat sich die Schwei­zer Para­ple­gi­ker-Stif­tung – die als gemein­nüt­zi­ge Orga­ni­sa­ti­on kei­ne staat­li­che Unter­stüt­zung erhält und sich durch Gön­ner­bei­trä­ge und Spen­den finan­ziert – zu einer unüber­seh­ba­ren Grös­se im natio­na­len Gesund­heits­we­sen ent­wickelt. Spe­zi­ell mit dem Schwei­zer Para­ple­gi­ker-Zen­trum im Luzer­ni­schen Nott­wil, wel­ches welt­weit als eine der füh­ren­den Spe­zi­al­kli­ni­ken für Quer­schnitt­ge­lähm­te gilt. Die über 2000 Berufs­leu­te und Spezialist:innen der ver­schie­de­nen Berei­che der Para­ple­gi­ker-Stif­tung arbei­ten alle am glei­chen Ziel: Eine Welt, in der Mensch

Bar­rie­ren in der digi­ta­len Welt

Men­schen mit einer Quer­schnitt­läh­mung sind auf­grund ihrer Bewe­gungs­ein­schrän­kung im All­tag mit vie­len Hür­den kon­fron­tiert. Beson­ders betrifft dies Men­schen mit einer Tetra­ple­gie, einer schwe­ren Form der Quer­schnitt­läh­mung, bei der alle vier Glied­mas­sen sowie der Rumpf betrof­fen sind. Je nach Schwe­re­grad der Läh­mung kann bei Tetraplegiker:innen eben­falls die Kom­mu­ni­ka­ti­ons­fä­hig­keit stark ein­ge­schränkt sein. Somit erge­ben sich auch Bar­rie­ren in der digi­ta­len Welt. «In den letz­ten Jah­ren sind neue Tech­no­lo­gien ent­wickelt wor­den, wel­che für Men­schen mit star­ken kör­per­li­chen Ein­schrän­kun­gen viel­ver­spre­chen­de Lösungs­an­sät­ze zur Ver­bes­se­rung von The­ra­pien und für eine höhe­re Lebens­qua­li­tät bie­ten. Eine immer grös­se­re Rol­le spie­len dabei Exten­ded Rea­li­ty-Bril­len», erklärt Ste­fan Stal­der, Lei­ter Digi­ta­li­sie­rung Inno­va­ti­on Trans­for­ma­ti­on am Schwei­zer Para­ple­gi­ker-Zen­trum und führt aus: «Aber her­kömm­li­che Exten­ded Rea­li­ty-Bril­len sind nicht inklu­siv und kön­nen von Tetraplegiker:innen nicht bedient wer­den. Dadurch bleibt ihnen der Zugang zu der sich stark aus­brei­ten­den vir­tu­el­len Welt mit ihren viel­fäl­ti­gen Mög­lich­kei­ten verwehrt.» 

Eigen­stän­dig­keit dank Augensteuerung

An die­sem Punkt setzt das durch Spen­den finan­zier­te Pro­jekt Para­Ver­se des Schwei­zer Para­ple­gi­ker-Zen­trums in Zusam­men­ar­beit mit der Aug­ment IT AG an. Das hoch­ge­steck­te Ziel des Pro­jek­tes ist eine bar­rie­re­freie Nut­zung der kom­plet­ten digi­ta­len Welt für Men­schen mit Quer­schnitt­läh­mung. Damit dies mög­lich ist, muss die Steue­rung aller Funk­tio­nen rein über die Augen und die Spra­che mög­lich sein. Ste­fan Stal­der sagt: «Mit der Inte­gra­ti­on einer Augen­steue­rung bei Exten­ded Rea­li­ty-Bril­len schafft das Schwei­zer Para­ple­gi­ker-Zen­trum mit die­sem Pro­jekt die Vor­aus­set­zung für eine eigen­stän­di­ge Steue­rung durch Tetraplegiker:innen. So kön­nen auch hoch­ge­lähm­te Betrof­fe­ne in die digi­ta­le Welt ein­tau­chen und die­se eigen­stän­dig bedie­nen. All dies, ohne die Hän­de und die Stim­me zu benut­zen, was beson­ders bei frisch­ver­letz­ten Per­so­nen einen rie­si­gen Nut­zen bringt. Nebst der erhöh­ten Selbst­stän­dig­keit geben wir den Betrof­fe­nen damit auch eine gros­se Por­ti­on Pri­vat­sphä­re zurück.» Aber nicht nur für die Kom­mu­ni­ka­ti­on der Patient:innen sind die Bril­len hilf­reich, denn sie kön­nen auch für The­ra­pie­zwecke ein­ge­setzt wer­den. Mono­to­ne The­ra­pie­übun­gen kön­nen digi­tal ange­rei­chert wer­den, was der Moti­va­ti­on der Betrof­fe­nen zuträg­lich ist und den The­ra­pie­fort­schritt unter­stützt. «Eini­ge Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten konn­ten schon am Hand­bike im Para­ple­gi­ker-Zen­trum mit VR-Bril­le trai­nie­ren und waren spür­bar aus­dau­ern­der, weil sie vir­tu­ell eine schö­ne Land­stras­se ent­lang gefah­ren sind», erläu­tert Ste­fan Stalder. 

Die Schwei­zer Para­ple­gi­ker-Stif­tung setzt sich für den Ein­satz eines bar­rie­re­frei­en Zugangs in die digi­ta­len Welt für Quer­schnitt­ge­lähm­te mit­tels einer Augen­steue­rung ein. Bild: zVg Schwei­zer Paraplegiker-Stiftung

Ent­wick­lung zusam­men mit den Betroffenen

Damit die betrof­fe­nen Per­so­nen Lösun­gen erhal­ten, die auf ihre tat­säch­li­chen Bedürf­nis­se abge­stimmt sind, wer­den Men­schen mit einer Quer­schnitt­läh­mung seit der Anfangs­pha­se in die Ent­wick­lung von Para­Ver­se mit­ein­be­zo­gen. Ste­fan Stal­der erklärt: «Die Betrof­fe­nen sind die besten Expert:innen ihrer eige­nen Lebens­um­stän­de und kön­nen damit wesent­li­che Inputs für die Ent­wick­lung von Para­Ver­se lie­fern. Das sind wert­vol­le Sicht- und Denk­wei­sen, wel­che Men­schen ohne Quer­schnitt­läh­mung ver­bor­gen blei­ben. Eine zen­tra­le Ent­wick­lungs­vor­ga­be ist daher die kon­se­quen­te Aus­rich­tung der Funk­tio­nen an den Bedürf­nis­sen der Anwen­de­rin­nen und Anwen­der.» Dass die­ser Ansatz die rich­ti­ge Wahl war, zei­gen die posi­ti­ven Rück­mel­dun­gen der ersten Nutzer:innen von Para­Ver­se. Aber nicht nur bei den Betrof­fe­nen stösst das Pro­jekt auf Aner­ken­nung, so konn­ten schon diver­se Awards ent­ge­gen­ge­nom­men wer­den – unter ande­ren wur­de Para­Ver­se mit dem Ger­man Inno­va­ti­on Award 2024 und dem Core77 Design Award 2024 ausgezeichnet. 

Schwei­zer Paraplegiker-Stiftung

Die durch Gön­ner­bei­trä­ge und Spen­den finan­zier­te gemein­nüt­zi­ge Orga­ni­sa­ti­on unter­stützt Quer­schnitt­ge­lähm­te mit einem ganz­heit­li­chen und welt­weit ein­zig­ar­ti­gen Lei­stungs­netz. Ihre Visi­on ist eine Welt, in der Men­schen mit Quer­schnitt­läh­mung ein selbst­be­stimm­tes Leben bei best­mög­li­cher Gesund­heit füh­ren können.


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